Interessenbekundungs- und Verhandlungsverfahren mit Teilnahmewettbewerb zur entgeltlichen Überlassung einer passiven Breitbandinfrastruktur im Kreis Groß-Gerau (Vergabe einer Dienstleistungskonzession)
a) Zusammenfassende Projektskizzierung
Der im südlichen Rhein-Main-Gebiet in Hessen gelegene Kreis Groß-Gerau hat die zu 100% in seinem Besitz stehende Breitband Kreis Groß-Gerau GmbH (öffentlicher Auftraggeber) mit der Aufgabe betraut, eine flächendeckende passive Breitbandinfrastruktur auf Glasfaserbasis (nachfolgend NGA-Netz) zu errichten. Ziel dieser Maßnahme ist es, die im Kreisgebiet gelegenen Kabelverzweiger (KVz) über ein NGA-Netz zu verbinden, um Privathaushalte und Gewerbebetriebe im Ausbaugebiet nachhaltig mit leistungsstarken Breitbandanschlüssen zu versorgen.
Nach erfolgter Fertigstellung der jeweiligen Teilabschnitte der passiven, im Eigentum der öffentlichen Hand verbleibenden Breitbandinfrastruktur soll diese gegen Zahlung von Pacht für die Dauer von insgesamt 20 Jahren an ein privates Unternehmen im Wege der Vergabe einer Dienstleistungskonzession überlassen werden. Der jeweilige private Netzbetreiber erhält hierbei das Recht bzw. übernimmt die Verpflichtung, die passive ("unbeleuchtete") Breitbandinfrastruktur durch Installation aktiver Komponenten in Betrieb zu nehmen und gegenüber den örtlichen Endkunden sowie interessierten Drittanbietern entsprechende Dienstleistungen und Angebote (Telefonie, Internet-Zugang sowie Mehrwertdienste (z.B. IP-TV)) zu marktüblichen Konditionen zu erbringen. Ihm fällt zudem die Aufgabe der Wartung und Unterhaltung der Breitbandinfrastruktur zu. Die Einzelheiten der Überlassung der passiven Breitbandinfrastruktur werden in einem abzuschließenden Netzbetriebsvertrag geregelt werden.
Mit dem gegenständlichen Interessenbekundungsverfahren beabsichtigt der öffentliche Auftraggeber nunmehr das Marktversagen letztmalig zu bestätigen und einen geeigneten Bieter zu ermitteln, der diese Nutzungskonzession erhalten und die vorgenannten Leistungen und Dienste erbringen wird. Dabei werden die Vorgaben der sog. Bundesrahmenregelung Leerrohre Berücksichtigung finden (vgl. Ziff. III.1.4).
b) Gegenwärtige Bedarfs- und Versorgungssituation
Gezielte Analysen sowie im Rahmen öffentlicher Veranstaltungen durchgeführte Befragungen haben als Ergebnis hervorgebracht, dass sowohl die privaten als auch die gewerblichen Nutzer einen hohen Bedarf an schnellen Breitbandanschlüssen haben. Hinsichtlich der Privathaushalte ist gegenwärtig von einem Bedarf von mindestens 25 MBit/s im Downstream auszugehen. Die ansässigen Gewerbetreibenden haben einen aktuellen Mindestbedarf von 50 MBit/s angemeldet. Beide Bedarfsgruppen ließen erkennen, dass zukünftig noch darüber hinausgehende Bandbreiten nachgefragt werden und somit im Regelfall 50 MBit/s im Interesse eines nachhaltigen Infrastrukturausbaus verfügbar sein müssen.
Insbesondere für die im Kreisgebiet angesiedelten Unternehmen stellt sich die Verfügbarkeit von breitbandigen Internetanschlüssen zunehmend als unverzichtbare Infrastrukturvoraussetzung sowie als harter Standortfaktor in einem europaweiten bzw. weltumspannenden Wettbewerbsumfeld dar. Die privaten Haushalte erhoffen sich von einer breitbandigen Internetversorgung neuartige Unterhaltungs- und Freizeitangebote sowie insbesondere auch Bildungs- und Arbeitsmöglichkeiten, die aufgrund der gegenwärtigen Unterversorgung derzeit nicht gegeben sind.
Ein durchgeführtes öffentliches Markterkundungsverfahren und gezielte Anfragen bei den in Frage kommenden Telekommunikationsanbietern haben als Ergebnis hervorgebracht, dass diese kein Interesse daran haben, im hier beschriebenen Ausbaugebiet in den kommenden drei Jahren einen flächendeckenden Ausbau mit NGA-Breitbandanschlüssen zu realisieren. Definitive Beschlüsse über konkrete Erschließungsplanungen im vorgenannten Zeitraum sind dem öffentlichen Auftraggeber trotz entsprechender Anfragen nicht bekannt gemacht worden. Regelmäßig wurde darauf verwiesen, dass bezogen auf die umfassten Gemeinden keine Ausbaupläne vorlägen.
Sollten sich aufgrund dieses Verfahren gleichwohl Anbieter finden, die nunmehr bereit sind, in den Gemeinden, die in diesem Abschnitt aufgeführt sind, den Ausbau und den Betrieb einer NGA-Breitbandinfrastruktur ohne Beihilfen bzw. Unterstützungsleistungen der öffentlichen Hand durchzuführen, wird diesen bis zum Ablauf der Teilnahmefrist hiermit nochmals Gelegenheit zur Abgabe entsprechender Interessensbekundungen geboten.
c) Details zum Ausbauprojekt bzw. der entsprechenden Konzessionierung
In Anbetracht des existierenden nachhaltigen Marktversagens sehen sich die betroffenen Gemeinden bzw. der Kreis Groß-Gerau daher in der Gewährleistungsverantwortung, den flächendeckenden Ausbau von NGA-Breitbandanschlüssen als aktiven Beitrag zur Zukunftssicherung der angesiedelten Unternehmen und als Akt der Daseinsvorsorge zugunsten der Privathaushalte zu realisieren. Zu diesem Zweck haben die untenstehenden Gemeinden auch eine entsprechende interkommunale Vereinbarung auf der Basis eines öffentlich-rechtlichen Vertrages geschlossen. Mit einem weitgehend kreisweiten Ansatz soll ferner einer möglichst kosteneffizienten und wettbewerbsneutralen Umsetzung dieser Ausbaubestrebungen Rechnung getragen werden.
Im Gebiet des Kreises Groß-Gerau beabsichtigen derzeit folgende elf Gemeinden eine gemeinschaftliche Umsetzung des Breitbandprojekts (Einwohneranzahl / Anzahl der Haushalte / Anzahl der ansässigen Gewerbebetriebe):
1. Biebesheim (6.394 / 2.913 / 419)
2. Gernsheim (9.785 / 4.458 / 803)
3. Bischofsheim (12.660 / 5.768 / 680)
4. Nauheim (10.223 / 4.658 / 615)
5. Büttelborn (14.012 / 6.384 / 1.040)
6. Groß-Gerau (23.497 / 10.705 / 1.776)
7. Ginsheim-Gustavsburg (16.027 / 7.302 / 910)
8. Trebur (13.212 / 6.019 / 929)
9. Mörfelden-Walldorf (34.590 / 15.759 / 2.569)
10. Riedstadt (21.710 / 9.891 / 1.372)
11. Stockstadt ( 5.731 / 2.611 / 423)
Insgesamt (167.841 / 76.469 / 11.536)
Gegenwärtigen Schätzungen zufolge werden demnach voraussichtlich ca. 600 Kabelverzweiger (KVz) zu erschließen, sowie eine Trasse von insgesamt 200 km zu verlegen sein.
Konkret beabsichtigt wird die Realisierung einer bedarfsgerechten und flächendeckenden passiven Breitbandinfrastruktur auf der Basis eines FTTC-Ansatzes (fibre to the curb) durch Erschließung der örtlichen Kabelverzweiger durch die BBKGG. Privathaushalte und Gewerbebetriebe im Ausbaugebiet sollen dadurch mit schnellen Breitbandanschlüssen versorgt werden. Hierbei sollen mindestens 90% der erreichbaren Hausanschlüsse je Gemeinde gemäß vorstehender Auflistung mit 50 MBit/s und mindestens 98% mit mehr als 25 MBit/s versorgt werden.
Ferner soll die zu errichtende passive Breitbandinfrastruktur so ausgestaltet sein, dass diese zu einem späteren Zeitpunkt zu einer noch höheren Qualitätsstufe (z.B. FTTB/FTTH) ausgebaut und erweitert werden kann. Insoweit gilt es auch sicherzustellen, dass mit Anschluss weiterer Teilnehmer keine Bandbreitenverringerung für die übrigen Nutzer einhergehen wird. Zudem sollen auf einer ggf. bei der BBKGG verbleibenden Teilinfrastruktur auch öffentliche Einrichtungen (Behörden, Schulen) an die Breitbandinfrastruktur angeschlossen werden können. Die BBKGG wird nach Maßgabe der Vorgaben des Betreibers auch die passive Infrastruktur für die Anbindung dieses Verteilnetzes an einen entsprechend leistungsfähigen Netzknoten erstellen und mit dem Verteilnetz gegen Pacht überlassen.
Die Ausbautätigkeiten werden die Planung, Verlegung sowie Dokumentation der passiven Breitbandinfrastruktur (Leerrohrverlegung mit entsprechenden Schächten sowie Einblasen von Glasfaserkabeln, Bereitstellung von Multifunktionsgehäusen etc.) umfassen.
Die BBKGG behält sich vor, nach Maßgabe der rechtlichen Vorgaben bzw. bei einer auf Grundlage der Verhandlungen deutlich werdenden Unwirtschaftlichkeit das NGA-Netz im Kreisgebiet insgesamt nicht zu realisieren bzw. die Maßnahme auf dann im Rahmen der Verhandlungen zu spezifizierende Teilregionen zu beschränken.
Die erforderlichen Bauleistungen und Verlegearbeiten werden durch die BBKGG im Rahmen einer separaten, zeitlich versetzten Ausschreibung (Verhandlungsverfahren mit vorherigem Teilnahmewettbewerb) vergeben werden. Die Erstellung der Netzinfrastruktur soll nach heutiger Planung bis Ende des Jahres 2014 abgeschlossen werden. Der im Rahmen dieses Verfahrens auszuwählende Netzbetreiber soll auf diese Weise bereits jetzt die Gelegenheit erhalten, seine konkreten Anforderungen und Vorstellungen an die bauliche Realisierung der passiven Breitbandinfrastruktur mitzuteilen, die daraufhin - soweit mit den übrigen Ausschreibungsvorgaben vereinbar - Berücksichtigung im Rahmen der Vergabe der Bauleistungen finden werden.
Deadline
Die Frist für den Eingang der Angebote war 2013-03-25.
Die Ausschreibung wurde veröffentlicht am 2013-02-28.
Wer?
Wie?
Wo?
Geschichte der Beschaffung
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Dokument |
2013-02-28
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Auftragsbekanntmachung
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2013-12-23
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Ergänzende Angaben
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