Planung und Ausführungsüberwachung einer Schadstoffentsorgung in den Trockengasreinigungsanlagen I-III des Weltkulturerbe Völklinger Hütte unter Bestandserhaltung

Weltkulturerbe Völklinger Hütte – Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur GmbH, Generaldirektor Prof. Dr. Meinrad Mar

Die Völklinger Hütte wurde 1994 als erstes Denkmal des Industriezeitalters von der UNESCO als Weltkulturerbe klassifiziert. Seitdem sind viele Maßnahmen zur Sicherung und Sanierung sowie zur Inwertsetzung und Erschließung für Besucher auf dem Hüttenareal umgesetzt worden.
Dieser Auftrag bezieht sich auf die Trockengasreinigungen I, II und III, die nach 75 Jahren Betriebszeit und der Stilllegung vor 25 Jahren der Witterung ausgesetzt sind und nun dringend einer Gebäude- und Anlagensicherung sowie einer Dekontamination bedürfen. Die Gebäude bestehen aus Stahlfachwerkkonstruktionen, die Außenwände sind mit Schlackesteinen ausgefacht, die Dachflächen bestehen aus Braschebetonplatten, die Zwischendecken aus Stahlbeton, Stahlgitter, Blechen.
Eine Besonderheit ist dabei, dass die 3 Gebäude erst in 7 m bzw. 14 m Höhe beginnen und darunter auf offenen Stahlkonstruktionen aufgeständert sind. Zahlreiche Großrohre verbinden die Gebäude mit anderen Anlagen der Hütte.
Zur historischen Verfahrenstechnik: Um die im Hochofenprozess anfallenden, brennbaren Gichtgase auch energietechnisch nutzen zu können, mussten sie durch Entstauben gereinigt werden. Neben der unmittelbar im Bereich der Hochöfen vorgenommenen Grobentstaubung durch Staubsack und Wirbler war vor der Weiterverwendung eine Feinentstaubung der Gichtgase in einer Trockengasreinigung erforderlich. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurden daher die Trockengasreinigungsanlagen (TGR) zur Gichtgasabreinigung nach dem damals innovativen System Halberg-Beth errichtet. Das vorgeheizte, gichtstaubhaltige Rohgas wurde in Filterkammern über ein Durchleiten durch Baumwollfilterschläuche entstaubt. Der Staub wurde anschließend in der Sinteranlage erneut verwendet und zu einem sogenannten Sinterkuchen verbacken. Im Blickpunkt des vorliegenden Verfahrens stehen die Trockengasreinigungen I, II und III des Weltkulturerbe Völklinger Hütte, die nach 75 Jahren Betriebszeit und der Stilllegung vor 25 Jahren der Witterung ausgesetzt sind. Auf dem Standort Völklinger Hütte wurden drei Trockengasreinigungsanlagen errichtet – TGR I, 1911; TGR II, 1913; TGR III, 1922 – die mit Umbauten, Erweiterungen (letzte große Erweiterung TGR III 1956) und den dazugehörigen Nebenanlagen bis zur Werksstilllegung im Jahr 1986 betrieben wurden. Das technische Prinzip der Anlagen wurde über die gesamte Zeit nicht verändert. Eine technische Nachrüstung erfolgte lediglich durch Verbesserung der Wärmeisolierung der Filterkammerbatterien, Ersatz/Modernisierung einzelner Anlagenteile, Einführung von Messfühlern zur Temperaturüberwachung etc. Der Stand der Technik zur Trockengasreinigung von Gichtstaub vom ersten Viertel des 20. Jahrhunderts mit den dazugehörigen Nachrüstungen im Sinne des technischen Denkmalschutzes ist daher im gesamten Bestand nach Werksstilllegung deutlich ablesbar. Sieht man von der Durchplünderung und Zerstörung in Teilbereichen, sowie vom Kupferdiebstahl ab, blieben die Anlagen nach Stilllegung bis jetzt unverändert. So haben sich die typischen progredierenden Schäden im Bestand eingestellt, die sich auf fehlende Pflege und die fast unabdingbar eintretende Bestandsbeschädigung durch eindringende Feuchtigkeit zurückführen lassen. Teilbereiche der Gebäudeanlagen gelten als statisch unsicher und können daher nicht mehr oder nur noch unter fachkundiger Führung begangen werden.
Neben der statischen Unsicherheit besteht derzeit auch eine gesundheitliche Gefährdung aufgrund der vorhandenen Altlasten und Schadstoffe.
In den Trockengasreinigungen befinden sich zahlreiche Schadstoffe in gebundener, loser und staubiger Form: in alten oder teilweise schon erodierten Baustoffen (Amosit-Asbest, KMF, PCB, PAK), in Produktions- und Filterrückständen (Gicht- und Filterstäube mit diversen Schwermetallen u. a. m.) sowie in kontaminierten Wand-, Dach- und Deckenbauteilen. Die Schadstoffmengen sind dabei in erheblicher Größenordnung vorhanden.
Anhand einer ersten Pilotsanierung in einem kleinen Teilbereich konnte die technische und praktische Machbarkeit einer Reinigung und Entsorgung nachgewiesen werden.
Eine erste grobe Abschätzung des Gesamtaufwandes für die Dekontamination beläuft sich auf einen Betrag von mehreren Mio. EUR netto. Angesichts dessen ist eine kostensparende Schadstoffbehandlung, ggf. mit innovativen Verfahren (eingekapselter Verbleib vor Ort, Rohstoffrückgewinnung u. ä. m.) anzustreben.
Sanierungsziel ist zunächst die Sicherstellung von Arbeitsbedingungen für nachfolgende Konstruktionsarbeiten ohne besondere Schutzvorkehrungen (kein Atemschutz, etc.). Für einen schnellen, zeitsparenden Ablauf sind parallele und überlappend getaktete Ausführungen in den 3 Gebäuden erforderlich.
Die Konstruktionsarbeiten sind Bestandteil einer separaten parallelen Ausschreibung.
Die Beauftragung der hier geforderten Leistungen erfolgt unabhängig von den Leistungen der Konstruktionsarbeiten, jedoch wird eine Abstimmung und Zusammenarbeit mit dem Architekten und Tragwerksplaner erforderlich sein.

Deadline
Die Frist für den Eingang der Angebote war 2013-11-29. Die Ausschreibung wurde veröffentlicht am 2013-10-29.

Anbieter
Die folgenden Lieferanten werden in Vergabeentscheidungen oder anderen Beschaffungsunterlagen erwähnt:
Wer?

Wie?

Wo?

Geschichte der Beschaffung
Datum Dokument
2013-10-29 Auftragsbekanntmachung
2015-09-03 Bekanntmachung über vergebene Aufträge