Entwicklung einer elektronischen Fallakte innerhalb des Modellprogramms "Jugend Stärken im Quartier"

Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben

Das Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben (BAFzA) beabsichtigt die Entwicklung eines Programms zur elektronischen Fallaktenbearbeitung im Bereich der Jugendsozialarbeit für den Förderzeitraum 2014 – 2020 des Europäischen Sozialfonds (ESF) zu vergeben. Darüber hinaus ist der Betrieb der entwickelten Fallakte ein weiterer Bestandteil dieser Ausschreibung. Die Vergabe erfolgt in Form eines Verhandlungsverfahrens mit EU-weitem Teilnahmewettbewerb nach § 3 EG Abs. 3 b VOL/A.
Das BAFzA nimmt in der kommenden Förderperiode die Rolle einer ESF-Regiestelle des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) wahr und setzt Modellprogramme des Europäischen Sozialfonds um. Eines dieser Modellprogramme ist „Jugend Stärken im Quartier“. Das Vorhaben wird mit Kommunen umgesetzt, die nach den Vorgaben des ESF die Projektteilnehmer (junge Menschen) der Maßnahmen mittels eines elektronischen Fallaktensystems erfassen müssen.
Das zu entwickelnde Fallaktensystem soll der Erstellung und Verwaltung von elektronische Fallakten innerhalb des Modellprogramms „Jugend Stärken im Quartier“ dienen. Darüber hinaus werden die erhobenen Daten als Grundlage für die ESF-Berichterstattung herangezogen und unter Einhaltung strikter Datenschutzkriterien vorgehalten. Die zu realisierende datenbank-basierte Webanwendung soll bis zu 500 Kommunen und deren Trägern (Schätzung des BMFSFJ) zur Verfügung gestellt werden. Zusammen mit der Entwicklung wird der Betrieb des Systems ausgeschrieben.
Die Fallakten sollen spätestens vier Monate nach Vertragsschluss erfasst werden können.
A. Anforderungen – System
Mit der zu entwickelnden Lösung werden Kommunen bzw. deren Träger im Bereich der Jugendsozialarbeit arbeiten. Abstrakt formuliert werden persönliche Daten, Anamnesedaten und Beurteilungen über die Jugendlichen von einer Fachkraft der Jugendsozialarbeit per Webformular in einer Datenbank erfasst. Dies geschieht durch die Abarbeitung eines Fragenkataloges, der je nach Projektart unterschiedlich gestaltet ist.
Kommunen bzw. Träger können Projekte zu unterschiedlichen methodischen Bausteinen in den Bereichen: „Case Management“, „Mikroprojekte“, „Jugendsozialarbeit“, sowie „Beratung / Clearing“, anbieten. Neben diesen projektbezogenen Daten, ist für jede Fallakte eine Einverständniserklärung des Jugendlichen einzuholen und im Programm zu hinterlegen. Darüber hinaus werden Stammdaten (z. B. Name, Vorname, Geburtsdatum, …) erfasst. Eine besondere Stellung nehmen die sogenannten Indikatordaten für die EU Berichterstattung (z. B. Geburtsland, Bildungsgrad, Haushaltssituation…) ein. Im Baustein Case Management, an dem die meisten Teilnehmer des Modellprogramms teilnehmen sollen, werden zusätzliche Daten erfasst, die den Arbeitsverlauf der Case Manager unterstützen (Ergebnisse von Kompetenzfeststellungsverfahren, Förderbedarf, Unterstützungsangebote, Förderverlauf,…). Dieser Baustein stellt den umfangreichsten Teil der Fallakte dar.
Neben der reinen Erfassung müssen bestimmte Daten einem eingegrenzten Anwenderkreis in pseudomisierter Form zur Verfügung gestellt werden. Für einen Jugendlichen darf es nur eine Fallakte geben, auch wenn er bei mehreren Trägern unterschiedliche Projekte belegt hat. Eine Doppelzählung ist nicht zulässig, da es für die ESF-Berichterstattung zwingend notwendig ist, jeden Menschen nur einmal zu zählen.
Die Pseudomisierung dient dazu, dass Daten nicht personenbezogen, sondern fallbezogen ausgewertet werden dürfen. Dennoch ist für Fallprüfungen eine Identifikation des Jugendlichen unter Umständen erforderlich.
Folgende Voraussetzungen für den Datenzugriff sowie die nachfolgend genannten Informationsflüsse sind zu realisieren:
1. Die am Programm „Jugend Stärken im Quartier“ beteiligten Kommunen werden dem Auftragnehmer mitgeteilt. Dessen Aufgabe ist es den Kommunen den Zugriff auf das System zu gewähren und einzurichten.
2. Die Kommunen richten die Zugänge für die jeweiligen Träger ein und verwalten diese. Die Schaffung der technischen Voraussetzungen ist Aufgabe des Auftragnehmers.
3. Bevor persönliche Daten erhoben werden dürfen, ist das Einverständnis des Jugendlichen einzuholen. Ein Einverständnis ist vom Jugendlichen für jede Maßnahme neu zu geben.
4. Verweigert der Jugendliche die Einwilligung, kann er nicht an der Maßnahme teilnehmen.
5. Der Jugendliche kann die Einwilligung zurückziehen. Dieses hat zur Folge dass die Daten nach einem gewissen Zeitraum zu anonymisieren sind und der Träger keinen Zugriff mehr auf die Daten hat.
6. Geschlossene Fallakten müssen nach einer bestimmten Zeit ebenfalls anonymisiert werden.
7. Direkter Zugriff auf alle Stamm- und Indikatordaten des Jugendlichen, sowie die „eigenen“ bausteinspezifischen Daten. Bausteindaten eines anderen Trägers dürfen nicht eingesehen werden. Es gilt zu beachten, dass jede Akte nur durch den Ersteller und dessen Stellvertreter eingesehen und bearbeitet werden darf.
8. Änderungen an Stamm- und Indikatordaten sowie den eigenen Bausteindaten dürfen von allen Trägern vorgenommen werden, die mit dem Jugendlichen arbeiten.
9. Die am Programm teilnehmenden Kommunen müssen in festgelegten Zeitintervallen bestimmte Maßnahmendaten in das ESF-Förderportal des BAFzA übertragen. Der konkrete Umfang dieser Daten steht im Augenblick noch nicht fest. Es ist aber davon aus-zugehen, dass aufsummierte Indikatordaten + dazugehörige Einzeldatensätze für diese Maßnahme übermittelt werden müssen. Dieses ESF-Förderportal wird zurzeit ebenfalls realisiert, somit können Erweiterungen dort noch berücksichtigt und implementiert werden.
10. Für die Kommunen muss es möglich sein, Auswertungen über die Projekte ihrer Träger zu machen. Alles auf Basis aggregierter Datenstände.
11. Dem BAFzA muss es möglich sein, Auswertungen über alle Maßnahmen sämtlicher Träger zu machen. Alles auf Basis aggregierter Datenstände.
12. Evaluatoren müssen ebenfalls Zugriff auf den kompletten Datenbestand haben. Hier ist allerdings eine pseudomisierte Hinterlegung zu berücksichtigen, da es möglich sein muss eine Person zu identifizieren (zwecks Prüfung). Dieser Zugriff steht ebenfalls dem BAFzA zur Verfügung.
B. Anforderungen – Betrieb
Der Betrieb für die elektronische Fallakte umfasst die folgenden voneinander abzugrenzenden Bereiche:
— Hosting
— Administration
— Technischen Support
— Sicherheit
Die Verfügbarkeit des Gesamtsystems muss bis zum 1.1.2023 gewährleistet sein. Darüber hinaus ist für die nationalen und ESF- Prüfbehörden der Zugriff auf den pseudomisierten Datenbestand bis zum 1.1.2025 zu ermöglichen.
C. Anforderungen – Sonstiges
Die Kommunen und Träger müssen mit der Software vor bzw. bei Programmstart vertraut gemacht werden. Daher sind Schulungen vorgesehen. Zusätzlich ist eine Onlinedokumentation für die Anwender zu erstellen, die den Umgang mit der elektronischen Fallakte beschreibt.
Ergänzende Unterlagen sind bei der genannten Kontaktstelle anzufordern. Die mit den Vergabeunterlagen übersandten Vordrucke sind zu verwenden.
Auf die weiteren Informationen unter Punkt VI.3. dieser Bekanntmachung wird hingewiesen.

Deadline
Die Frist für den Eingang der Angebote war 2014-09-11. Die Ausschreibung wurde veröffentlicht am 2014-09-01.

Anbieter
Die folgenden Lieferanten werden in Vergabeentscheidungen oder anderen Beschaffungsunterlagen erwähnt:
Wer?

Wie?

Wo?

Geschichte der Beschaffung
Datum Dokument
2014-09-01 Auftragsbekanntmachung
2015-01-05 Bekanntmachung über vergebene Aufträge