Vergabe eines Auftrags ohne vorherige Veröffentlichung eines Aufrufs zum Wettbewerb im Amtsblatt der Europäischen Union (Erläuterung)
Das Verhandlungsverfahren ohne vorgeschaltetem Teilnahmewettbewerb ist zulässig, da die in § 14 Abs. 4 Nrn. 5 VgV genannte Ausnahmeregel eingreifen.
Die maßgebliche Vorschrift lautet:
„Der öffentliche Auftraggeber kann Aufträge im Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb vergeben, wenn zusätzliche Lieferleistungen des ursprünglichen Auftragnehmers beschafft werden sollen, die entweder zur teilweisen Erneuerung oder Erweiterung bereits erbrachter Leistungen bestimmt sind, und ein Wechsel des Unternehmens dazu führen würde, dass der öffentliche Auftraggeber eine Leistung mit unterschiedlichen technischen Merkmalen kaufen müsste und dies eine technische Unvereinbarkeit oder unverhältnismäßige technische Schwierigkeiten bei Gebrauch und Wartung mit sich bringen würde; die Laufzeit dieser öffentlichen Aufträge darf in der Regel 3 Jahre nicht überschreiten Beschaffung zusätzlicher Leistungen (Abs. 4 Nr. 5)
In Umsetzung von Art. 32 Abs. 3 Buchst. b RL 2014/24/EU regelt Abs. 4 Nr. 5 das Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb für den Fall, dass zusätzliche Lieferleistungen des ursprünglichen Auftragnehmers beschafft werden sollen.
Vorausgesetzt wird, dass
(1) die zusätzlichen Lieferleistungen zur teilweisen Erneuerung oder Erweiterung bereits erbrachter Leistungen bestimmt sind und
(2) eine Beschaffung durch ein anderes Unternehmen eine technische Unvereinbarkeit oder unverhältnismäßige technische Schwierigkeiten bei Gebrauch und Wartung mit sich bringen würde und
(3) die Vertragslaufzeit in der Regel 3 Jahre nicht überschreitet.
Die Erweiterung erfasst die quantitative Ergänzung der ursprünglichen Lieferleistung. Die Voraussetzung der technischen Unvereinbarkeit oder technischen Schwierigkeiten kann z. B. vorliegen, wenn die Beauftragung und Einarbeitung eines neuen Unternehmers in technischer Hinsicht unvernünftig wäre, einfache Abstimmungen die Hindernisse nicht beheben könnten und eine – soweit mögliche – Anpassung nur unter unverhältnismäßig großen Aufwand ausgeführt werden könnte. Ein weiterer Anwendungsfall der technischen Unvereinbarkeit ist gegeben, wenn durch die Einschaltung eines neuen Auftragnehmers der Gebrauchszweck der Ursprungslieferung vereitelt werden würde.
Zu den am UKA vorliegenden Voraussetzungen/Überlegungen
Nach Durchführung eines Offenen Verfahrens nach der VgV (Zeitraum 17.5.2018-2.7.2018), unter der Bekanntmachungsnummer 2018/S094-213054, wurde am 2.7.2018 der Zuschlag auf das Angebot der avi-sys Kommunikationstechnik GmbH – Vorgebirgsstr. 6b – 50389 Wesseling, für die Ertüchtigung der Medienausstattung des Hörsaal 4 am UKA, erteilt. Die avi-sys GmbH war einziger Bieter in diesem Verfahren. Da auch der benachbarte Hörsaal 3 ertüchtigt werden muss hat der für die Medienausstattung zuständige Bereich des UKA, das AVMZ, Bedenken und Gründe gegen ein neues Vergabeverfahren vorgebracht, bei dem ein anderer, als der ursprünglich für den HS 4 bezuschlagte, Auftragnehmer ausgewählt werden könnte.
1) zusätzlichen Lieferleistungen
Voraussetzung der Planung ist ein Verbund der beiden Hörsäle 3 und 4. Bei großen Veranstaltungen soll es die Möglichkeit geben, die beiden Hörsäle live zu verbinden. D. h. z. B.: beide Leinwände zeigen die gleichen Inhalte für bis zu 600 Studierende zuzüglich eines Kamera-Livebildes des Vortragenden aus Hörsaal 4 in den Hörsaal 3. Aus diesem Grund sollen kompatible Medienausstattungen für beide Hörsäle beschafft werden. Da es sich um einen Hörsaalverbund handelt, soll die vorhandene Ausstattung des HS 4 um die Ausstattung des HS 3 erweitert werden. Zusatzeffekt der Erweiterung durch kompatible Ausstattungen ist die Doppelnutzung bestimmter Komponenten der Ausstatung HS 4. Dadurch können die Kosten für die, ansonsten mit dem HS 4 identische, Medienausstattung, wenn auch in unerheblichem Umfang, reduziert werden.
2) technische Unvereinbarkeit und/oder technischen Schwierigkeiten
Falls es bei einer Kopplung zwischen den Hörsälen zu Problemen kommt oder eine Beeinträchtigung der Hörsäle untereinander auftritt, könnten die beiden Firmen die Schuld immer auf die jeweils andere Firma weisen. Dies könnte bei der Geltendmachung von Mängelansprüchen zu Schwierigkeiten führen. Nur wenn beide Hörsäle von einer Firma ausgestattet werden ist die eindeutige Zuordnung von Zuständigkeiten bei Problemen gegeben.
Die Bedienoberflächen der Mediensteuerungen beider Hörsäle sollen identisch aussehen. Dadurch wird die Bedienung durch die Nutzer (z. B. die Professoren und andere Vortragende) sowie der Service durch das UKA VTeam in den tiefer liegenden Möglichkeiten der Mediensteuerung (z. B.: 3D Anwendungen) vereinfacht. Bei einem anderen Auftragnehmer für Hörsaal 3 ist das wahrscheinlich nicht gegeben bzw. anders gelöst.