Beschreibung der Beschaffung
Gegenstand dieser Ausschreibung ist die Durchführung von Anhörungen Betroffener sexuellen Missbrauchs in Kindheit und Jugend sowie von Zeitzeuginnen und Zeitzeugen (Bekannte, Angehörige, Lehrerinnen und Lehrer etc.) zu ihren Missbrauchserfahrungen bzw. Beobachtungen durch Anhörungsbeauftragte. Da für die Durchführung der Anhörungen eine größtmögliche Vertraulichkeit gewährleistet werden soll, richtet sich das Ausschreibungsvorhaben an Berufsgeheimnisträger, insbesondere Rechtsanwältinnen/Rechtsanwälte sowie psychologische oder ärztliche Psychotherapeutinnen/Psychotherapeuten. Es können sich nur einzelne natürliche Personen, hingegen keine Firmen bewerben.
Um den anzuhörenden Personen die Anfahrt zu erleichtern, sollen die Anhörungen dezentral im gesamten Bundesgebiet stattfinden, vorzugsweise in größeren Städten. Die Orte sollen den Norden, Süden, Osten, Westen und die Mitte Deutschlands abdecken, d. h. die Orte der Anhörungen sollen sich auf das gesamte Bundesgebiet verteilen. Mit diesem Ausschreibungsverfahren möchten wir in Regionen, in denen derzeit keine oder nicht ausreichend Anhörungsbeauftragte für uns tätig sind, Anhörungsbeauftragte gewinnen, die vor Ort Anhörungen anbieten. Dabei handelt es sich - wie oben bereits ausgeführt - um den Raum Stuttgart, Ruhrgebiet/Westfalen und die Mitte Deutschlands/Region um Kassel.
Die Anhörungen sollen im Herbst 2023 beginnen und in einem Zeitraum bis Ende 2026 stattfinden. Die Verträge mit den Anhörungsbeauftragten sollen zunächst aus formalen Gründen bis zum 31. Dezember 2023 geschlossen werden. Es besteht - vorbehaltlich der Verfügbarkeit entsprechender Haushaltsmittel - die Absicht, die Verträge maximal bis 31. Dezember 2026 zu verlängern.
Jede Anhörungsbeauftragte bzw. jeder Anhörungsbeauftragte muss bereit sein, monatlich mindestens drei Anhörungen durchzuführen. Insgesamt beabsichtigt die Kommission, bis zu 700 Anhörungen pro Jahr durchzuführen.
Die anzuhörenden Personen werden zum Zeitpunkt der Anhörung mindestens 16 Jahre alt sein. Die Anhörungen sollen etwa zwei Stunden dauern und sich an einem Leitfaden orientieren, der von der Aufarbeitungskommission erstellt wurde. Zu den Anhörungen soll die/der Anhörungsbeauftragte jeweils eine weitere Person hinzuziehen, die ebenfalls Berufsgeheimnisträger/Berufsgeheimnisträgerin sein soll, insbesondere weitere Rechtsanwältinnen/Rechtsanwälte oder Psychotherapeutinnen/ Psychotherapeuten. Die weiteren Anhörenden werden als Unterauftragnehmer der/des Anhörungsbeauftragten tätig. Die Auswahl hat im Einvernehmen mit der Kommission zu erfolgen.
Die Anhörungen sollen auf Wunsch der anzuhörenden Personen auch per Video, derzeit über den Anbieter RED connect, durchgeführt werden.
Je nach Bedarf sollen anzuhörende Personen vor, während und nach der Anhörung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern einer Fachberatungsstelle telefonisch bzw. persönlich begleitet werden, wobei in der Regel mindestens ein telefonischer Hintergrunddienst bereitzuhalten ist. Die Fachberatungsstellen sollen im Rahmen der Anhörungen eine psychosoziale Unterstützung gewährleisten sowie weiterführende Hilfsangebote vermitteln. Auch diese sind von den Anhörungsbeauftragten im Einvernehmen mit der Aufarbeitungskommission auszuwählen, zu beauftragen und zu vergüten. Der für die Betreuung durch die Fachberatungsstellen anfallende Betrag wird erstattet. In der Regel steht hierfür ein Betrag in Höhe von 195,00 Euro zzgl. MwSt. pro Anhörung zur Verfügung.
Die vorbereitenden Arbeiten, insbesondere die Einladungen an die Betroffenen, sollen von den Anhörungsbeauftragten nach Vorgaben der Aufarbeitungskommission durchgeführt werden. Darüber hinaus soll die Abrechnung der Reise- und Übernachtungskosten von Betroffenen, Zeitzeuginnen und Zeitzeugen sowie ihren Begleitpersonen nach den Sätzen des Bundesreisekostengesetzes aus Mitteln der Aufarbeitungskommission, jedoch organisatorisch über die Büros der Anhörungsbeauftragten erfolgen. Es besteht die Möglichkeit der Unterstützung durch die Reisekostenstelle des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) bei Buchungen von Hotelzimmern, Bahn- und Flugreisen.
Die Räumlichkeiten für die Anhörungen sollen in der Regel von den Anhörungsbeauftragten zur Verfügung gestellt und nach von der Aufarbeitungskommission aufzustellenden Kriterien hinsichtlich Größe und Ausstattung atmosphärisch für Anhörungszwecke geeignet sein. In Ausnahmefällen und mit Einverständnis der/des Anhörungsbeauftragten kann eine Anhörung an einem anderen Ort stattfinden als am Geschäftssitz der/des Anhörungsbeauftragten. Wünschenswert ist eine Barrierefreiheit des Zugangs und der Räume.
Die Anhörungen sollen, soweit die anzuhörenden Personen damit einverstanden sind, auf Tonträgern aufgezeichnet werden. Die Anhörungsbeauftragten dokumentieren das Gespräch in einer etwa 3-seitigen schriftlichen Zusammenfassung und in einem Kurzfragebogen. Ein Teil der Anhörungen wird später durch von der Kommission beauftragte Personen verschriftet (Transkription der Tonaufnahmen). All diese Maßnahmen dienen auch der Auswertung der Anhörungen.
Die Vergütung der Anhörungsbeauftragten soll auf Stundenbasis erfolgen. Es sollen ein Stundensatz und ein Höchstsatz pro Anhörung vereinbart werden. Der Höchstsatz basiert auf der Annahme, dass der Aufwand für die Durchführung einer Anhörung einschließlich Vor- und Nachbereitung in der Regel etwa fünf Stunden für die/den ersten Anhörende/Anhörenden und etwa 2 1/2 Stunden für die/den zweiten Anhörenden nicht überschreiten sollte.
Die Kommission möchte verstärkt Menschen mit Behinderungen, auch mit kognitiven Beeinträchtigungen, anhören. Wünschenswert wären deshalb Vorkenntnisse im Umgang mit beeinträchtigten Menschen oder die Bereitschaft, sich entsprechende Kenntnisse anzueignen. Gegebenenfalls sind als Zweitanhörende Personen zu der Anhörung hinzuzuziehen, die diese Kenntnisse aufweisen. Bewerbungen von Personen mit einer anderen Muttersprache als Deutsch werden besonders begrüßt. Vielen Menschen, die von sexuellem Missbrauch in Kindheit und Jugend betroffen sind, ist der Schutz ihrer persönlichen Daten ein wichtiges Anliegen, das die Kommission sehr ernst nimmt. Die Anhörungsbeauftragten der Kommission müssen mit UBSKM/BMFSFJ einen Vertrag zur Auftragsverarbeitung gemäß Artikel 28 EU-Datenschutzgrundverordnung schließen, der genaue Regeln zur Verarbeitung und insbesondere zum Austausch der Daten sowie zum technischen Datenschutz vorsieht.
Weitere Informationen, insbesondere zur Aufarbeitungskommission, sind zu finden auf der Website
www.aufarbeitungskommission.de. Von Seiten des/der Anhörungsbeauftragten muss die Bereit-schaft bestehen vor Auftragsbeginn sowie je nach Bedarf - mindestens einmal jährlich zur Schulung bzw. zur Abstimmung mit der Kommission und den weiteren Anhörungsbeauftragten nach Berlin zu kommen und an einem weiteren Termin per Videokonferenz teilzunehmen.