Beschreibung der Beschaffung
Erstellung eines Gutachtens zu den Möglichkeiten, Flächen in der deutschen ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ) in der Nordsee und Ostsee mehrfach zu nutzen.
1. Zusammenstellung und Auswertung von Erkenntnisse aus relevanten Forschungs- und Drittmittelprojekten sowie vorhandenen Konzepten zum Thema Mehrfachnutzung, insbesondere in EU-Anrainerstaaten.
2. Untersuchung miteinander kombinierbarer maritimer Nutzungen zunächst allgemein und anschließend anhand konkreter Fallkonstellationen, Entwicklung eines realistischen Konzepts für in der deutschen AWZ umsetzbare Mehrfachnutzungen .
Nutzungen in diesem Sinne sind alle wirtschaftlichen, wissenschaftlichen und militärischen Nutzungen sowie der Schutz der Meeresumwelt. Das Gutachten soll dabei, soweit von Relevanz, verschiedene Ausprägungen von Mehrfachnutzungen berücksichtigen:
- Solche, die im selben Gebiet zur selben Zeit mit gemeinsamer Infrastruktur und gemeinsamen Dienstleistungen stattfinden,
- solche, die im selben Gebiet zur selben Zeit, aber mit getrennten Infrastrukturen und Dienstleistungen stattfinden, und
- solche, die zwar im selben Gebiet, aber zu unterschiedlichen Zeiträumen stattfinden.
„Zur selben Zeit“ im genannten Sinne meint nicht zwangsläufig „immer“; vielmehr kann die Mehrfachnutzung auf saisonale Zeiten beschränkt sein oder saisonale Zeiten ausklammern.
AP1: Auswertung aktueller Erkenntnisse aus Forschungs- und Drittmittelprojekten zum Thema Mehrfachnutzung
Durchführung einer Auswertung der Erkenntnisse aus aktuellen Forschungs- und Drittmittel-Projekten (z. B. INTERREG) zum Thema Mehrfachnutzung auf Grundlage einer Literaturrecherche. Informationsgewinnung, wo sinnvoll, auch durch Anfragen oder Interviews bei Autoren/Autorinnen und Projektbeteiligten sowie bei den dort berührten öffentlichen Stellen, z. B. Genehmigungsbehörden.
Bei der Auswahl der zu untersuchenden Forschungsgegenstände und Projekte sollen folgende Aspekte berücksichtigt werden:
- Vergleichbarkeit des Forschungs- bzw. Projektraums mit der deutschen AWZ und potentielle Übertragbarkeit der Erkenntnisse bzgl. der Nutzungen und der naturräumlichen Elemente unter Berücksichtigung der tatsächlichen und rechtlichen Rahmenbedingungen,
- Fokus insbesondere auf die Nordsee und die Ostsee und ihre Nutzungen, darüber hinaus auch Berücksichtigung relevanter Untersuchungen und Projekte in anderen Meeresgebieten.
AP2: Auswertung von Mehrfachnutzungen und ihren Konzepten, insbesondere in Nordsee- und Ostsee-Anrainerstaaten
Darstellung vorhandener und in Planung befindlicher Mehrfachnutzungen, insbesondere Auswertung von deren Konzepten. Ein Schwerpunkt ist auf EU-Staaten und benachbarte Staaten wie z. B. Vereinigtes Königreich oder Norwegen zu legen. Des Weiteren sind ausgewählte internationale Meeresgebiete in den Blick zu nehmen, gleiches gilt für deutsche Meeresgebiete, soweit dort Konzepte für Mehrfachnutzungen vorliegen.
Neben der Erhebung bestehender Koexistenzen ist insbesondere herauszuarbeiten, welche Konzepte dahinterstehen, und ob sich diese bewähren oder eher zu Problemen führen.
Bei der Auswertung soll die Übertragbarkeit der Ergebnisse (Relevanz) auf die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse in der deutschen AWZ im Vordergrund stehen.
AP3: Untersuchung in der deutschen AWZ realistisch in Betracht kommender Kombinationen maritimer Nutzungen
Untersuchung möglicher realistischer Nutzungskombinationen in der deutschen AWZ unter Einbeziehung der Ergebnisse aus AP 1 und AP 2 anhand gesetzter Kriterien.
Als Ausgangslage der Analyse sollen zunächst die räumliche Verbreitung und, sowie möglich, die Intensität der einzelnen relevanten Nutzungen erfasst und kartografisch dargestellt werden.
Die Überprüfung realistischer Nutzungskombinationen soll anhand folgender Kriterien erfolgen:
- Rechtlicher Rahmen, vor allem völkerrechtliche und gesetzliche Regelungen, einschließlich Raumordnungsplan AWZ 2021, Befahrensregelungen für Offshore-Windparks, Flächenentwicklungsplan 2023 etc.,
- funktionale Vereinbarkeit,
- räumliche Anforderungen der Nutzungen,
- Saisonalität von Nutzungen,
- technische Umsetzbarkeit,
- Sicherheitsaspekte, unter nautischen und nutzungsspezifischen Gesichtspunkten,
- Wirtschaftlichkeit, sowie wirtschaftlicher und sozio-ökonomischer Nutzen,
- Negative und positive Umweltauswirkungen der kombinierten Nutzungen,
- weitere relevante Aspekte, die in AP 1 und AP 2 identifiziert wurden.
Der AN soll die Anwendung etwaiger in AP 1 und AP 2 identifizierter Kriterien mit dem AG abstimmen.
Sollten aktuelle rechtliche Regelungen bestimmten, nach Ansicht des AN im Übrigen realistischen Nutzungskombinationen entgegenstehen, so soll der AN dies darlegen und in Abstimmung mit dem AG bei der weiteren Prüfung von einer fiktiven, entsprechend geänderten Rechtslage ausgehen.
Bei den o. a. Sicherheitsaspekten sollen im Einzelnen insbesondere potenzielle Risiken und Gefährdungen sowie operative Anforderungen und Sicherheitsanforderungen an die einzelnen Nutzungen erhoben, dargestellt und begründet werden. Bei den Gefährdungen sind in der deutschen AWZ mögliche hydrographische und bathymetrische sowie meteorologische Einflussgrößen (Wassertiefe, Strömungen, Wind- und Sichtverhältnisse) einzubeziehen.
Vorhandene Quellen sind auszuwerten. Neben Erkenntnissen aus der Internetrecherche sind erforderliche eigene Erhebungen unter Anwendung geeigneter Methoden durchzuführen wie Befragungen von Stakeholdern, Experteninterviews usw. Das jeweils geplante Vorgehen ist im Angebot zu detaillieren.
Zusätzlicher Hinweis für mögliche Mehrfachnutzungen in Kombination mit Fischerei / Marikultur:
Für die Analyse der zu untersuchenden Fischereimethoden ist zwischen aktiver und passiver Fischerei sowie Fanggerät in Abhängigkeit der Zielarten zu unterscheiden. Dabei - wie auch bei der Marikultur- sind auch solche Methoden zu untersuchen, die derzeit in der AWZ nicht stattfinden, aber für die Anwendung um und innerhalb von Windparks grundsätzlich in Frage kommen. Auszuschließen sind dagegen solche Formen der Fischerei sowie der Marikultur, die aufgrund der räumlichen und ökologischen Verhältnisse sowie ggf. weiterer Aspekte in der AWZ der Nordsee und der Ostsee nicht in Frage kommen.
AP4: Entwicklung eines Konzepts für Mehrfachnutzungen in der deutschen AWZ anhand konkreter Fallkonstellationen
Ausgehend von den Ergebnissen der AP 1, 2 und 3 Erarbeitung eines Konzeptes für Mehrfachnutzungen für die deutsche AWZ in der Nordsee und der Ostsee anhand von Fallkonstellationen (Gruppierungen mit gleichen Umständen) erarbeiten, mit Hilfe konkreter Beispiele, die realistische und konkrete Kombinationen von Nutzungen in ihrer konkreten räumlichen Verortung abbilden; sie sollen auf der Basis einer vom AN zu erstellenden Übersichtskarte (siehe unten Kapitel 4) zu verschiedenen Nutzungskombinationen in der AWZ ausgewählt werden. Wo möglich und sinnvoll, sollte dies unterschiedliche Teilräume der Nordsee und Ostsee betreffen (Entfernungen zur Küste, Wassertiefen, Meeresböden u. a. relevante Unterschiede).
Auswahl der konkreten Fallbeispiele in Abstimmung mit dem AG.
Entwicklung des Konzeptes für Mehrfachnutzungen inkl. Maßnahmen und Lösungen zur Vermeidung, Minimierung und Absicherung von Gefährdungen. Diese sollen u. a. unter technischen, organisatorischen und regulatorischen Aspekten untersucht werden. Soweit hierbei auf die Auswertung vorhandener Nutzungen und Mehrfachnutzungen zurückgegriffen wird, sind auch nautische Parameter wie die Häufigkeit von Schiffsbewegungen, die Schiffstypen und ihre Manövrierfähigkeit etc. zu berücksichtigen, auch anhand von AIS- und VMS-Daten.
Einzugehen ist auf die Auswirkungen bestimmter Mehrfachnutzungen in konkreten Gebieten auf andere Nutzungen, Funktionen und Belange sowohl in diesen Gebieten (dort ggf. Einschränkungen für alle anderen) als auch in anderen Gebieten. Dort kommt es ggf. zu Folgewirkungen, wenn z. B. aufgrund einer Doppelnutzung in einem konkreten Gebiet eine dritte Nutzung in ein anderes, ggf. benachbartes Gebiet ausweichen muss und dort neue Nutzungskonflikte auftreten. In beiden Fällen (Auswirkungen im Gebiet, in dem die Mehrfachnutzung stattfindet, sowie von Mehrfachnutzungen auf andere Gebiete) sind insbesondere Auswirkungen auf die Sicherheit des Schiffsverkehrs, die Anlagensicherheit sowie die Meeresumwelt, Biodiversität und die Möglichkeit von OECM-Other effective area-based conservation measures in den Blick zu nehmen.
Zusätzlicher Hinweis für mögliche Mehrfachnutzungen durch Windparks und Fischerei / Marikultur:
Auf der Basis der Kriterien nach AP 3 sowie möglicher bzw. zu erwartender Gefährdungen des Betriebes von Windenergieanlagen auf See, des zulässigen Schiffsverkehrs in Windparks und der Meeresumwelt sollen für verschiedene Fischerei- und Marikulturmethoden in und um Windparks jeweils mögliche Schutz-, Vermeidungs- und Minderungsmaßnahmen benannt werden. Hieraus ist eine Einschätzung und Bewertung zu erarbeiten, welche Maßnahmen auch im Hinblick auf operative und Sicherheitsanforderungen realistisch, vertretbar und umsetzbar sind, und welche Bedingungen dafür einzuhalten oder zu schaffen wären.
AP5: Fazit sowie Empfehlungen für die Umsetzung des Konzeptes für Mehrfachnutzungen
1. zusammenfassende Darstellung der in den vorherigen AP erarbeiteten Erkenntnisse, 2. Empfehlungen für die Umsetzung.
Die Empfehlungen sollen
- Verfahren,
- technische Konzepte,
- Anforderungen an Rahmenbedingungen (gesetzlich, technisch, u. a.),
- Vermeidungs- und Minderungsmaßnahmen sowie
- Benennung von weitergehendem Forschungsbedarf
enthalten, die für die Umsetzung des Konzeptes für Mehrfachnutzungen erforderlich sind.
Abstimmung weiterer durch identifizierter Empfehlungen zur Umsetzung mit dem AG.
AP6: Ad hoc Beratungs- und Dienstleistungsanfragen
Bearbeitung von ad hoc Beratungs- und Dienstleistungsanfragen des AG, insbesondere Anfragen zu vertieften oder weiteren Darstellungen und Auswertungen von konkreten Mehrfachnutzungsmöglichkeiten in der deutschen AWZ