Beschreibung der Beschaffung
1. Hintergrundinformation
Die Bundeszentrale für Kinder- und Jugendmedienschutz (BzKJ) ist eine selbstständige Bundes-oberbehörde im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ). Die BzKJ hat mit der Novelle des Jugendschutzgesetzes (JuSchG) unter anderem die neue gesetzliche Aufgabe der Förderung geeigneter Maßnahmen für die Weiterentwicklung des Kinder- und Jugendmedienschutzes (§ 17a Absatz 2 JuSchG) erhalten. Hierzu kann sie gemäß § 17a Absatz 4 JuSchG Maßnahmen, die von überregionaler Bedeutung sind, fördern oder selbst durchführen. Beispielhaft nennt die Gesetzesbegründung Angebotsformen, die für Kinder unbedenklich oder besonders empfehlenswert sind und die Unterstützung von Maßnahmen medienstruktureller Hinsicht auf der Ebene eines intelligenten Chancen- und Risikomanagements. So sollen die völker- und verfassungsrechtlich verankerten Kinderrechte auf zugleich Schutz, Befähigung und (unbeschwerte) Teilhabe bei der Nutzung digitaler Medien gewährleistet werden.
Diesem gesetzlichen Auftrag folgend, werden in der BzKJ Förderstrukturen aufgebaut, um überregionale und bundesweite digitale Angebote für Kinder zu fördern. Hierunter fallen Websites, Web-Anwendungen und internetbasierte Apps. Im Einzelfall, abhängig von der Angebotsstruktur, können auch rein offline funktionierende digitale Angebote einbezogen werden. Die Angebote können sowohl kommerzieller als auch nicht-kommerzieller Art sein. Konsolen- oder Computerspiele, digitales Spielzeug, einzelne Videos, (Fernseh-)Filme, Sendungen oder Verkaufsplattformen finden hierunter keine Berücksichtigung. Förderungswürdige, kindgerechte Angebote sollen Kindern (Personen, die noch nicht 14 Jahre alt sind, § 1 JuSchG) eine unbeschwerte Teilhabe und die Befähigung zur Teilhabe an medialen und digitalen Strukturen und Prozessen ermöglichen. Dabei ist einzubeziehen, in welcher Form das Angebot Möglichkeiten zur begleitenden Unterstützung durch Erziehende (Erziehungsberechtigte und ggf. weitere die Kinder begleitende (medien-)pädagogische Akteurinnen und Akteure) bereitstellt. Von zentraler Relevanz und entsprechend handlungsleitend soll die Orientierung des Angebotes an den Bedarfen, Interessen und Nutzungsgewohnheiten von Kindern im Verhältnis zu ihren Rechten auf Schutz, Befähigung und Teilhabe sein.
Nach ersten Untersuchungen besteht bei Erziehenden und Kindern gleichermaßen zudem ein hohes Interesse an Online-Angeboten, die für Kinder unbedenkliche oder besonders empfehlenswerte digitale Angebote anwenderfreundlich und zielgruppengerecht vorstellen, einordnen und auf diese verlinken. Entsprechend ist auch die Förderung solcher der Orientierung dienender Angebote möglich. In diesem Zusammenhang ist auch die Frage relevant, ob und inwieweit in sich geschlossene und abgesicherte Zugangswege zu entsprechenden Angeboten organisiert werden können, um einen niedrigschwelligen, sicheren, alters- und zugleich bedarfsgerechten Zugang zu kindgerechten Angeboten zu ermöglichen.
Derzeit besteht bei der BzKJ noch keine wissenschaftlich fundierte, aktuelle Übersicht über die Angebotslandschaft in Deutschland, durch die zudem das Erfüllen eines kindgerechten und für Kinder attraktiven Aufbaus der Angebote untersucht sowie die Relevanz derselbigen im medialen Nutzungskontext von Kindern eruiert und zusammengefasst wird. Ebenfalls fehlen Erkenntnisse darüber, welche der Orientierung dienenden Angebote für Erziehende und Kinder und welche in sich geschlossenen Zugangswege zu kindgerechten Angeboten bestehen. Eine solche Übersicht stellt eine notwendige Basis dar, von der aus weiterer Handlungsbedarf sowie weitere Parameter für Projektförderkriterien und -bedarfe entwickelt werden können. Als Startpunkt zu diesem Prozess und der inhaltlichen Ausgestaltung der Förderungen der BzKJ gilt es somit, den Status quo des Handlungsfeldes zu erfassen, Bedarfe zu analysieren und Gestaltungsoptionen zu beschreiben.
Hierzu wird ein wissenschaftlicher Evaluationsbericht unter Einbeziehung der Perspektiven von Kindern, Erziehenden und Anbietenden entsprechender Angebote und Zugangswege beauftragt. Erkenntnisgewinn soll dabei vorrangig zu folgenden Fragen erworben werden:
- Welche Kriterien sind unter Berücksichtigung von Schutz, Befähigung und Teilhabe für eine attraktive, bedarfs-, zielgruppen- und altersgerechte Gestaltung von Angeboten und Zugangswegen von Relevanz?
- Welche sich an Kinder richtenden, von Kindern verstärkt genutzten oder der Orientierung dienenden Angebote und in sich geschlossenen Zugangswege bestehen bereits? Wie lassen sich diese strukturieren und vergleichen?
- Inwieweit sind die bestehenden Angebote und Zugangswege kindgerecht, bekannt/relevant und entsprechen den erarbeiteten Kriterien sowie Nutzungsgewohnheiten, Interessen und Bedarfen von Kindern bzw. Erziehenden?
- Welche Gründe erklären die verhältnismäßig starke bzw. geringe Akzeptanz von Angeboten und Zugangswegen?
- Für welche Bedarfe und Interessen von Kindern und Erziehenden gibt es eine geringe bzw. eine defizitäre Dichte an Angeboten und Zugangswegen?
- Welche Angebote sollte man Kindern und Erziehenden an die Hand geben, welche Kompetenzen sollten diese vermitteln und wie sollten diese gestaltet sein, damit Kinder so lange wie möglich in den für sie vorgesehenen Angeboten verweilen, bevor sie sich aus Teilhabegründen den prominenten, nicht altersgerechten Angeboten zuwenden?
- Welche Möglichkeiten und Bedarfe bestehen zur Stärkung der Orientierung über und Vereinfachung von Zugangswegen zu Angebotsformen, die für Kinder unbedenklich oder besonders empfehlenswert sind bzw. hinsichtlich der kinderrechtlichen Dimensionen von Schutz, Befähigung und Teilhabe für Kinder attraktiv sind?
2. Zu erbringende Leistung/Aufgabenstellung
Unter Einbeziehung des aktuellen Forschungsstandes sowie der Perspektiven von Kindern, Erziehenden und Anbietenden soll die durch die Auftragnehmerin bzw. den Auftragnehmer zu erbringende Leistung in einem abschließenden Evaluationsbericht münden. Nach der KIM-Studie 2020 wird das Internet mit steigendem Lebensalter zunehmend selbstbestimmt verwendet, der Besitz eines eigenen Smartphones steigt ab 10 Jahren ebenfalls deutlich an, soziale Netzwerke, Google und YouTube werden immer beliebter, gleichzeitig nimmt die Nutzung klassischer Kinderangebote fortlaufend ab. Dies aufgreifend, soll bei der Analyse nach den Altersgruppen 5- bis 9-Jährige und 10- bis 13-Jährige klassifiziert werden. Falls notwendig und z. B. aus entwicklungsaufgabenspezifischen Gründen zielführend, kann eine feinere Ausdifferenzierung ggf. auch unter Einbindung weiterer Aspekte wie dem Geschlecht nach vorheriger Rücksprache mit der Auftraggeberin vorgenommen werden. Die Grobklassifizierung ist aber immer einzuhalten.
Einführend soll der Begriff „kindgerecht“ in enger Abstimmung mit der Auftraggeberin und auf Grundlage wissenschaftlicher Fachexpertise und Studien definiert und entsprechende Kriterien und Instrumente zur Bewertung digitaler Angebote entwickelt werden. Grundlegend soll bei der Begriffsdefinition von „kindgerecht“ berücksichtigt werden, inwieweit das jeweilige Angebot mit Blick auf die zu untersuchenden Altersgruppen der 5- bis 9-Jährigen und 10- bis 13-Jährigen die Kinderrechte auf Schutz, Befähigung und Teilhabe zu einem altersangemessenen Ausgleich ein-bringt und in diesem Sinne empfehlenswert ist. Hierbei sind bestehende gesetzliche Vorgaben wie z. B. das Jugendschutzgesetz (JuSchG), das Telemediengesetz (TMG), der Jugendmedienschutz-Staatsvertrag (JMStV), die UN-Kinderrechtskonvention (UN-KRK), die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) sowie das Straf-, Zivil- und Verbraucherschutzrecht zu berücksichtigen (siehe auch Fußnote 5). Die BzKJ sieht in einer ersten Definition zudem als notwendig an, dass entsprechende Angebote für Kinder attraktiv, altersgerecht und verständlich aufgebaut sein sollten, deren Bedarfe, Interessen, Themen und Nutzungsgewohnheiten aufgreifen, Spaß und neugierig machen, herausfordern und einen konkreten Nutzen bringen. Dieser kann beispielsweise sein, dass das Angebot wichtige Sozialisationsprozesse und die Persönlichkeitsentwicklung unterstützt, es spielerisch, interaktions- und handlungsbasiert Medienkompetenz oder weitere grundlegende Fähigkeiten und Fertigkeiten hinsichtlich (Selbst-)Schutz, Befähigung und Teilhalbe fördert.
Im Anschluss soll die Analyse und Darstellung der bestehenden Struktur digitaler Angebote erfolgen, die sich an Kinder der hier relevanten Altersgruppen richten oder von Kindern in hohem Maße genutzt werden. Ergänzend sollen die aktuell vorhandenen Angebote untersucht werden, die Kindern und Erziehenden bei der Orientierung über kindgerechte Angebote helfen oder kindgerechte und in sich geschlossene Zugangswege zu den Angeboten ermöglichen. Über eine Bedarfs- und Nutzungsanalyse soll ermittelt werden, inwieweit die bestehenden Angebote und Zugangswege für Kinder und Erziehende passend sind, und wo Angebotslücken und Handlungsbedarfe bestehen. Dabei sollen auch die Erfahrungen und Bedarfe von Anbieterinnen und Anbietern der hier relevanten Angebote und Zugangswege einbezogen werden. Hierauf aufbauend sollen Leitlinien/Kriterien für die Förderung entsprechender Angebote, Angebotsstrukturen und Zugangswege entwickelt werden. Der Bericht soll als abschließender, schriftlicher Bericht vorgelegt werden und im Sinne der dargestellten Abfolge die Erarbeitung und Beantwortung der unter II.2 aufgestellten Fragen und Gegenstände des Auftrags umfassen. Zur Leistung gehört überdies der fortlaufende Austausch mit der Auftraggeberin sowie die Erbringung von schriftlichen Zwischenberichten entsprechend der Arbeitspakete (siehe II.2) und zeitlichen Meilensteine (siehe III.1 und III.2).
Weitergehende Angaben entnehmen Sie bitte der Leistungsbeschreibung.