3 Forschungsaufträge
A: Thema 9/11.
Analyse der fiskalischen Auswirkungen des ermäßigten Umsatzsteuersatzes in Deutschland unter Verwendung eines Simulationsmodells sowie der Wachstumseffekte von Straffungskonzepten.
Kurzbeschreibung:
Der Koalitionsvertrag konstatiert hinsichtlich des Systems und des Katalogs der ermäßigten Mehrwertsteuersätze Handlungsbedarf und sieht die Einrichtung einer Kommission vor. Die Tätigkeit der Kommission wird zu gezielten und konkreten Anfragen hinsichtlich der Steuermindereinnahmen (fiskalische Effekte) sowie der Wachstumseffekte führen, die kurzfristig zu beantworten sind.
Vor dem Hintergrund der zu erwartenden Kommissionsarbeit besteht dringender Bedarf, die fiskalischen Effekte des ermäßigten Umsatzsteuersatzes sowie deren Bemessungsgrundlage detailliert zu quantifizieren. Ziel ist es, die Wirkung des ermäßigten Umsatzsteuersatzes für unterschiedliche Umsätze gem. § 12 Absatz 2 UStG im Vergleich zum Regelsteuersatz differenziert darzustellen. Dabei ist ein für die Politikberatung geeignetes Aggregationsniveau der ermäßigt besteuerten Umsätze zu verwenden. Es bietet sich hier an, hinsichtlich der einzelnen Nummern des § 12 Absatz 2 Nummern 3 bis 11 UStG jeweils zu Umsatzgruppen zusammenzufassen und die in Anlage 2 zum UStG (zu § 12 Absatz 2 Nummer 1 und 2) aufgeführten Gegenstände/Waren zu Warengruppen zusammenzufassen (z.B. Nahrungsmittel differenziert nach Grund- und anderen Nahrungsmitteln, Bücher und Zeitschriften usw.).
Es soll ein Mikrosimulationsmodell, das auch für zukünftige Berechnungen anwendbar ist, entwickelt und angewandt werden, mit dem die fiskalischen Effekte des ermäßigten Umsatzsteuersatzes für die verschiedenen Umsatzgruppen im Vergleich zum Regelsteuersatz ermittelt werden können.
Insbesondere soll dieses Modell auf folgende Fragen Antworten bieten:
— Wie hoch ist der Anteil des Aufkommens aus dem ermäßigten Umsatzsteuersatz am Gesamtumsatzsteuervolumen?
— Wie setzt sich das Aufkommen aus der Besteuerung von mit dem ermäßigten Umsatzsteuersatz besteuerten Güter und Dienstleistungen differenziert nach Umsatzgruppen zusammen?
— Wie hoch ist die korrespondierende Bemessungsgrundlage?
— Mit welchen konkreten fiskalischen Effekten sind diese Ermäßigungstatbestände verbunden (im Vergleich zur Besteuerung mit dem Regelsteuersatz von 19 %)?
Hierbei müsste die Betrachtung neben dem Endverbrauch der privaten Haushalte auch solche Umsätze an Unternehmen (inkl. Kleinunternehmer nach § 19 UStG) und öffentliche Verwaltungen etc. beinhalten, denen kein Vorsteuerabzug gegenübersteht. Die Berechnungen sollen für das Jahr 2012 erfolgen. Als Basis für das Modell sollen aktuelle Daten des Statistischen Bundesamtes zugrunde gelegt werden. Die Datenbasis ist auf das Jahr 2012 fortzuschreiben. Hinsichtlich des Konsums der privaten Haushalte sind die neuesten Daten der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe 2008 besonders geeignet. Zur Abschätzung der Vorleistungen der öffentlichen Verwaltungen und der Unternehmen ohne Vorsteuerabzug werden insbesondere Daten der Umsatzsteuerstatistik, der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung und der Input-Output-Rechnung favorisiert. Soweit sich die Berechnungsziele auf Grundlage der Daten nicht erreichen lassen, sind weitere Quellen heranzuziehen und geeignete Schätzansätze zu entwickeln. Bei der Analyse sollte beachtet werden, dass die finanzwissenschaftliche Hypothese der Überwälzbarkeit von Verbrauchsteueranhebungen nicht uneingeschränkt vorausgesetzt werden kann. Soweit keine oder nur eine teilweise Überwälzung möglich ist oder ein Nachfragerückgang eintreten würde, verringert sich das rechnerische Mehraufkommen entsprechend. Etwaige ertragsteuerliche Effekte sind auszuweisen. Hierfür sollten ggf. geeignete Schätzansätze und belastbare Berechnungsannahmen ermittelt werden, die gesondert auszuweisen wären. Die Ergebnisse der Quantifizierung sind in Form geeigneter Tabellen und Grafiken, die in einem Abschlussbericht textlich kurz kommentiert zusammengefasst werden, darzustellen. Ein weiterer Schwerpunkt ist die Abschätzung von Wachstumseffekten verschiedener Straffungskonzepte. Dabei sollten sowohl Compliance Costs als auch Steuerlastveränderungen explizit berücksichtigt werden.
Hierbei sollen insbesondere folgende Fragen beantwortet werden: Welches Straffungskonzept entwickelt die stärksten Wachstumswirkungen? Welche Änderungen bei den Compliance Costs wären zu erwarten?
Zeithorizont: Endbericht Dezember 2011.
B: Thema 10/11.
Rahmenvertrag für Workshops zu wichtigen finanz- und wirtschaftspolitischen Themen für den Zeitraum 2011 bis 2013.
Kurzbeschreibung:
Ausführliche Studien und langfristig angelegte Forschungsprojekte sind wichtig, um politikrelevante Fragestellungen grundlegend und systematisch aufarbeiten zu können. Im Bundesministerium der Finanzen (BMF) gibt es jedoch zugleich einen Bedarf, zur Vorbereitung und Fundierung anstehender Politikentscheidungen kurzfristig und flexibel zusätzliches wissenschaftliches Know-how zu gewinnen. Dies trägt dazu bei, dass das BMF in wichtigen Themenfeldern stärker proaktiv handeln kann und auch so wahrgenommen wird.
Ziel ist, im Dialog zwischen Fachexperten des BMF und Wissenschaftlern Lösungsansätze für aktuelle Herausforderungen der Finanzpolitik, Wirtschafts- und Finanzmarktpolitik zu erarbeiten. Für die Forschungsinstitute entsteht damit die Notwendigkeit, ihre auf theoretischer Basis erzielten Erkenntnisse auf ihre Praxistauglichkeit zu überprüfen und für die Politikberatung entscheidungsrelevant aufzubereiten. Nach vorliegenden Erfahrungen sind Workshops ein Erfolg versprechender Ansatz, aktuelle Forschungserkenntnisse für die Arbeit des Ministeriums nutzbar machen. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BMF können sich dabei in Diskussionen mit den Institutsvertretern intensiv einbringen, gezielt das notwendige praktische und theoretische Wissen erweitern, dabei gemeinsam zu neuen Erkenntnissen kommen und Netzwerke knüpfen, die einen Wissenstransfer auch über die Veranstaltung hinaus ermöglichen. Für das beteiligte Forschungsinstitut kann ein solcher Workshop Anstoß zur Weiterentwicklung von Forschungsansätzen sein. Das Projekt beinhaltet ein flexibles Workshopkonzept. Hierzu sollen in einem Rahmenvertrag Workshops zu einigen Themen, die bereits fixiert sind, und Optionen für weitere Workshops mit noch offener Thematik vereinbart werden. Die Vorbereitung der Workshops, zu denen weitere externe Fachleute hinzugezogen werden sollen, erfolgt jeweils gemeinsam mit dem BMF.
Konkret ist für den bis Ende 2013 angelegten Rahmenvertrag von folgender Struktur auszugehen:
Vereinbart werden 2 thematisch fixierte Workshops zu Fragen der Finanzpolitik für 2011/2012: Ordnungspolitische Orientierungen für eine tragfähige Finanzpolitik und Chancen und Grenzen einer internationalen Koordinierung von Finanzpolitik.
Bis Ende 2012 können optional bis zu vier weitere Workshops umgesetzt werden. Themensetzung erfolgt später. Für das folgende Jahr besteht eine Option, bis zu sechs weitere Workshops durchzuführen. Beim Ziehen dieser Option werden die Themen zeitnah nach Bedarf des BMF festgelegt. Diese Option hängt u.a. davon ab, wie die bereits durchgeführten Workshops (in Bezug auf Vorbereitung, Durchführung, Nachbereitung) durch die Fachreferate evaluiert werden. Maßstab für die Bewertung der Angebote ist die Wirtschaftlichkeit nach Leistung und Kosten. Kosten sollen dabei am Preis für einen Workshop bemessen werden (Annahmen: Tagungsort BMF; Raum und Technik werden kostenlos durch BMF gestellt, 3-5 Vortragende; Tagungsdauer 6-8 Stunden). Organisation und Abwicklung der Workshops erfolgen vollständig durch den Auftragnehmer, der sämtliche anfallenden Kosten (einschließlich Reisekosten und ggf. Honorare für externe Referenten) übernimmt.
Die Leistungsfähigkeit der Angebote soll anhand der Ausführungen zu den thematisch definierten Workshops, zur Kompetenz der Referenten und zu Referenzen nachgewiesen werden. Die hohen Flexibilitätsanforderungen des Vorhabens erfordern auf Seiten des Bearbeiters eine gute Vernetzung innerhalb der Forschungslandschaft insbesondere im deutschsprachigen Raum sowie eine breite fachlich-thematische Kompetenz der Mitwirkenden.
Zeithorizont: Laufzeit 2012 mit Option bis Ende 2013.
C: Thema 11/11.
Sparen und Investieren vor dem Hintergrund des demografischen Wandels.
Kurzbeschreibung:
Der demografische Wandel wird die gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland in den nächsten Jahrzehnten zunehmend beeinflussen. Der Rückgang der Geburten, der Anstieg der Lebenserwartung und die damit verbundene Alterung der Bevölkerung sind zwar auch in anderen entwickelten Ländern zu beobachten. Sie betreffen Deutschland aber in besonderem Maß. So ist der Altenquotient (Personen über 65 Jahre in Prozent der 20- bis 64-jährigen) im Zeitraum 1990 bis 2009 in den neuen Bundesländern bereits von 22,4 auf 35,6 % und in den alten Bundesländern von 23,9 auf 33,2 % gestiegen. Vor allem nach 2025 wird sich der Prozess der demografischen Alterung durch den Eintritt der geburtenstarken "Babyboom-Jahrgänge" ins Rentenalter verstärken. Selbst bei einer hypothetischen generationenersetzenden Geburtenziffer von 2,1 Kindern je Frau (Geburtenziffer 2008: 1,4 Kinder pro Frau) wird erwartet, dass der Altenquotient bis zum Jahr 2037 auf 60 % steigen und erst danach wieder zurückgehen dürfte. Vor diesem Hintergrund werden derzeit die Auswirkungen des demografischen Wandels auf die gesamtwirtschaftliche Entwicklung diskutiert. Allerdings steht dabei meist eine Betrachtung im Vordergrund, die vor allem die künftige Entwicklung des Arbeitskräfteangebots in den Blick nimmt und das künftige Wachstum aus den Produktionsmöglichkeiten der Volkswirtschaft ableitet. Effekte einer alternden Gesellschaft auf die Kapitalbildung oder auf die Leistungsbilanzsalden werden in den Modellrechnungen, die den in Deutschland und auf europäischer Ebene durchgeführten Tragfähigkeitsuntersuchungen zu Grunde liegen, in aller Regel nicht analysiert. Andernorts, wie z.B. in den Studien der Federal Bank of Reserve New York, ist das häufiger der Fall. Zudem wird in der Theorie (Lebenszyklushypothese) oft unterstellt, dass die Ersparnisbildung in einer alternden Gesellschaft rückläufig ist. Allerdings ist die Gültigkeit dieser Hypothese umstritten. So weist bspw. die Einkommens- und Verbrauchsstichprobe des Statistischen Bundesamtes für Deutschland bei Personen im Rentenalter im Durchschnitt stets positive Sparquoten aus. Daneben spricht auch das Vererbungsmotiv und Vorsichtsmotiv für eine positive Sparneigung im Alter.
Das Ziel des Forschungsvorhabens besteht darin, die Auswirkungen der demografischen Entwicklung auf das Spar- und Investitionsverhalten in Deutschland zu analysieren und die damit verbundenen gesamtwirtschaftlichen Konsequenzen zu untersuchen.
In einem ersten Schritt sollte das Forschungsvorhaben die in der Literatur genannten möglichen Auswirkungen des demografischen Wandels auf das Spar- und Investitionsverhalten auswerten und gegenüberstellen. In einem weiteren Schritt sollte eine eigene Simulationsanalyse durchgeführt werden, in der anhand unterschiedlicher Szenarien die Folgen der alternden Gesellschaft für das Sparen und Investieren in der mittleren und langen Frist diskutiert werden. Hierbei kann u.a. auch analysiert werden, welchen Einfluss der demografische Wandel aufgrund einer möglichen Veränderung des Spar- und Investitionsverhaltens auf die Leistungsbilanz hat.
Zeithorizont: 6 Monate nach Auftragsvergabe.
Deadline
Die Frist für den Eingang der Angebote war 2011-05-31.
Die Ausschreibung wurde veröffentlicht am 2011-05-04.
Wer?
Wie?
Wo?
Geschichte der Beschaffung
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Dokument |
2011-05-04
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Auftragsbekanntmachung
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