1 Forschungsauftrag

Bundesministerium der Finanzen

Forschungsvorhaben fe 27/12:
"Volkswirtschaftliche Auswirkungen einer Reform der Investmentbesteuerung auf den Kapitalmarkt, den Finanzstandort und die Altersvorsorge in Deutschland".
Projektbeschreibung:
Eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe hat Vorschläge für eine Reform des Investment-steuerrechts erstellt. Die Leitung des Bundesministeriums der Finanzen hat entschieden, dass vor einer Entscheidung über das o. g. Reformvorhaben ein volkswirtschaftliches Gutachten über die voraussichtlichen Auswirkungen der Reformvorschläge auf den Kapitalmarkt, den Finanzstandort und die Altersvorsorge in Deutschland erstellt werden soll.
Ziele und Leistungsanforderungen des Forschungs-/Beratungsvorhabens.
Die sich ergebenden wahrscheinlichen Folgen aus der Umsetzung einzelner Reformvorschläge sollen für folgende Sachverhalte bzw. Anlegergruppen aufgezeigt werden:
(1) Anlage von Mitteln für Zwecke der Altersvorsorge in Publikums-Sondervermögen:
Ein Vorschlag des Reformkonzepts sieht - insbesondere vor dem Hintergrund der europarechtlichen Gleichbehandlung in- und ausländischer Investmentvermögen - den Wegfall der Körperschaftsteuerbefreiung der Inlandsfonds für inländische Dividenden- und Immobilienerträge vor. Nach derzeitigem Recht sind inländische Investmentvermögen von der Körperschaftsteuer vollständig befreit. Bei Erhebung einer Körperschaftsteuer auf Fondsebene würden die vom Investmentvermögen erwirtschafteten Dividenden- und Immobilienerträge um die Steuer gemindert und stünden insoweit nicht mehr für den Aufbau des Kapitalstocks zur Verfügung.
Es soll daher untersucht werden, welche Auswirkungen die geänderte Besteuerung von Investmentvermögen auf den Altersvorsorgesektor insgesamt haben würde. Dabei soll u. a. ermittelt werden, welche finanziellen Auswirkungen sich für einen typisierten Berechtigten der Altersvorsorgeeinrichtungen (z.B. Pensionsberechtigten eines Pensionsfonds oder einer Pensionskasse, Berechtigten aus einem zertifizierten Altersvorsorgevertrag oder einem Basisrentenvertrag), gestaffelt nach Renten-eintrittszeitpunkten für die nächsten 30 Jahre, ergeben würden. Außerdem sollen Möglichkeiten aufgezeigt werden, mit denen man die steuerliche Mehrbelastung durch begünstigende Maßnahmen kompensieren könnte (z.B. Freibetrag für Einkünfte aus den betroffenen Altersvorsorgeinstrumenten in der Auszahlungsphase).
(2) Institutionelle Anleger in Publikums-Investmentvermögen:
Die Erhebung einer Körperschaftsteuer auf Ebene des Fonds hat insbesondere für Anleger nachteilige Folgen, bei denen Dividendenerträge nach geltendem Recht vollständig (z.B. Kirchen, gemeinnützige Einrichtungen), größtenteils (Körperschaften gem. § 8b KStG) oder teilweise (Personenunternehmer gem. § 3 Nr. 40 EStG) steuerfrei gestellt werden. Der Vorschlag zur Neukonzeption der Investmentbesteuerung sieht vor, dass beim Anleger in Bezug auf den Dividenden- bzw. Aktienanteil der Ausschüttung, der Thesaurierung und des Gewinns aus der Veräußerung oder Rückgabe von Investmentanteilen weder eine vollständige Steuerfreistellung noch § 8b KStG bzw. § 3 Nr. 40 EStG mehr zur Anwendung kommen soll. Stattdessen sehen die Reformvorschläge für alle Anlegergruppen in Aktienfonds eine teilweise Steuerfrei-stellung von 20 % vor. Durch diese sog. Aktienteilfreistellung wird die auf Fondsebene entstandene Vorbelastung für den benannten Anlegerkreis allerdings nur zum Teil kompensiert.
Das Gutachten soll untersuchen, ob und ggf. in welcher Höhe eine Abwanderung des oben genannten Anlegerkreises aus Publikums-Investmentvermögen zu erwarten ist. Falls Änderungen des Anlegerverhaltens zu Lasten von Publikumsfonds zu erwarten sind, sollte untersucht werden, welche Anlageprodukte davon profitieren würden, ob dies eine signifikante Wettbewerbsbeeinträchtigung darstellt und welche Möglichkeiten bestehen, um den steuerlichen Rahmen für den Wettbewerb neutraler zu gestalten. Außerdem soll untersucht werden, ob bzw. welche Möglichkeiten es gibt, steuerlich begünstigte Anleger innerhalb eines Publikumsfonds zu identifizieren, um im Umfang der jeweiligen steuerlichen Begünstigung von der Erhebung der Steuer gegenüber dem Publikumsfonds absehen zu können und nur diesen Anlegern den steuerlichen Vorteil zukommen zu lassen.
(3) Thesaurierungsprivileg:
Grundsätzlich unterliegen Erträge des Investmentvermögens der Besteuerung auf Anlegerebene, unabhängig davon, ob die Erträge ausgeschüttet oder thesauriert werden. Für bestimmte Erträge (insbesondere Gewinne aus Wertpapierveräußerungen und Termingeschäften) gilt allerdings das sog. Thesaurierungsprivileg, d. h., diese Erträge bleiben unversteuert, solange sie im Investmentfonds verbleiben, bzw. sie werden erst besteuert, wenn sie an den Anleger ausgeschüttet werden. Das Reformkonzept hat alternative Vorschläge gemacht, nach denen das Thesaurierungsprivileg bei Spezialfonds abgeschafft oder eingeschränkt wird. Es soll untersucht werden, welche Auswirkungen diese Vorschläge auf die betroffenen Anleger hätte.
Von besonderem Interesse sind dabei die Auswirkungen auf Lebens- und Kranken-versicherungsunternehmen. Viele Versicherungsunternehmen besitzen Anteile an Spezialfonds, bei denen sie der einzige Anleger sind oder bei denen die Zahl der Anleger relativ klein ist. Sie können dadurch relativ frei über den Zeitpunkt für die Ausschüttung von Erträgen entscheiden. Spezialfonds dienen insoweit den Versicherungsunternehmen zur Ertragsglättung oder Beitragsstabilisierung.
Das Gutachten soll daher auch untersuchen, ob es alternativ zum Thesaurierungsprivileg andere gesetzliche Lösungen gibt, mit denen eine Ertragsglättung oder eine Beitragsstabilisierung ermöglicht werden könnte.
(4) Privatanleger in Publikums-Investmentvermögen:
Seit Einführung der Abgeltungssteuer sind Gewinne aus der Veräußerung von Investmentanteilen steuerpflichtig. Dies gilt nicht für vor dem 1.1.2009 angeschaffte Anteile (Bestandsschutz für Altanteile). Der Vorschlag zur Neukonzeption der Investmentbesteuerung sieht für den Systemwechsel eine Steuerverhaftung der Gewinne ab dem Übergangsstichtag vor. Das Gutachten soll die Auswirkungen eines Wegfalls des Bestandsschutzes feststellen. Dabei sollte u. a. ermittelt werden, wie lange die durchschnittliche Haltedauer bei Investmentfondsanteilen im Privatbesitz ist, wie groß die Zahl der vom Bestandsschutz betroffenen Anleger und wie groß deren vor dem 1.1.2009 angeschafftes Fondsvermögen ist.
(5) Renditebetrachtungen:
Bestandteil der Untersuchung sollten auch Erhebungen bei typischen Fondsanlagen für (steuerfreie) Altersvorsorgeprodukte sein, die bzgl. der Steuer auf inländische Dividenden und Immobilienerträge die prozentuale Renditeschmälerung (jährlich und in der Ablaufleistung) im Verhältnis.
— zur Gesamtrendite,
— zur Renditeschmälerung durch die ausländische Steuervorbelastung und,
— im Verhältnis zu den Verwaltungskosten des Fonds aufzeigen.
(6) Über die einzelnen Fragestellungen hinaus soll der Forschungsauftrag untersuchen, welche volkswirtschaftlichen Auswirkungen die Rechtsänderungen auf den Finanzstandort Deutschland und insbesondere auf die Fondsbranche haben. Dabei ist zu vergleichen, inwieweit der Finanzstandort Deutschland mit anderen konkurrierenden Fondsfinanzstandorten (z.B. Luxemburg oder Irland) an Attraktivität gewinnt oder verliert und welche Geschäftsverlagerungsbewegungen hieraus resultieren.
(7) Um die Ausführungen im Gutachten einordnen zu können, sollten dazu die erforderlichen Rahmendaten ermittelt werden, insbesondere Anlagevolumina in in- und ausländischen Publikums- und Spezialfonds und Angaben zu der Zusammensetzung des jeweiligen Anlegerkreises. Im Angebot ist zu erläutern, aus welchen Quellen diese Daten beschafft werden, ob die Daten in benötigter Qualität zugänglich sind und mit welcher Methodik die Daten ausgewertet werden. Falls nötig, sollte dargelegt werden, ob eine Primärdatenerhebung erforderlich ist und welche Daten davon betroffen wären. Eine Primärdatenerhebung sollte als gesondert kalkulierte Option angeboten werden.
(8) Eine Bestandsaufnahme und Darstellung des gegenwärtigen Investmentsteuerrechts ist im Gutachten nicht erforderlich und soll nicht mit angeboten werden.
Zeithorizont: September 2013.

Deadline
Die Frist für den Eingang der Angebote war 2012-11-22. Die Ausschreibung wurde veröffentlicht am 2012-11-05.

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Geschichte der Beschaffung
Datum Dokument
2012-11-05 Auftragsbekanntmachung
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