Evaluation Bundesfreiwilligendienstgesetz (BFDG) und Jugendfreiwilligendienstgesetz (JFDG)
1. Ausgangslage:
Um die Folgen der kurzfristig vollzogenen Aussetzung der Wehrpflicht und damit auch des Zivildienstes abzumildern und freiwilliges Engagement zu stärken, hat die Bundesregierung mit einer Doppelstrategie reagiert: Mit dem Gesetz über den Bundesfreiwilligendienst (BFDG) wurden zum 1. Juli 2011 der Bundesfreiwilligendienst (BFD) eingeführt und parallel dazu die im Gesetz zur Förderung von Jugendfreiwilligendiensten (JFDG) geregelten Jugendfreiwilligendienste Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) und Freiwilliges Ökologisches Jahr (FÖJ) gestärkt und ausgebaut.
Die seit Jahrzehnten bewährten Dienste FSJ und FÖJ sind Angebote für junge Menschen bis zum 27. Lebensjahr. Zur nachhaltigen Stärkung der Jugendfreiwilligendienste werden aktuell rund 37 500 Plätze im FSJ/FÖJ durch den Bund gefördert. Nach Trägerangaben gibt es aktuell rund 47 000 Freiwillige in diesen beiden Formaten. Auch der neue BFD ist mit 35.000 abgeschlossenen Verträgen ein enormer Erfolg. Er richtet sich an Frauen und Männer aller Altersgruppen und eröffnet erstmals auch der Zielgruppe der Ü 27 einen Zugang zu geregeltem Einsatz in einem Freiwilligendienst. BFD und FSJ/FÖJ haben als gesetzlich geregelte Freiwilligendienste und besondere Form des bürgerschaftlichen Engagements positive Wirkungen für den gesellschaftlichen Zusammenhalt und in den jeweiligen vor allem sozialen und ökologischen Einsatzbereichen. Sie leisten als pädagogisch begleitete Bildungs- und Orientierungsangebote einen wichtigen Beitrag zur Persönlichkeits- und Kompetenzentwicklung der Freiwilligen.
Die bewährte Doppelstrategie der Bundesregierung wird 2012 fortgesetzt. Der historische Höchststand mit knapp 80 000 Freiwilligen ist zu stabilisieren und zu evaluieren. In enger Abstimmung und Kooperation mit den Ländern und den wohlfahrtsverbandlichen und zivilgesellschaftlichen Trägern wird der Ausbau so gestaltet, dass auch bisher nicht oder deutlich unterdurchschnittlich erreichte Zielgruppen entsprechend aktiviert werden sollen. Im Mittelpunkt der Ausbaustrategien soll künftig auch die Frage im Vordergrund stehen, wie das Engagement der Freiwilligen auch über ihren Freiwilligendienst hinaus für unsere Gesellschaft weiter aktiviert werden kann.
Die letzte Evaluation von FSJ und FÖJ erfolgte von 2003 bis 2005. Seitdem hat sich nicht nur die Anzahl der Teilnehmerinnen und Teilnehmer wesentlich erhöht, sondern vermutlich auch die Gruppe der Freiwilligen und der zum Engagement bereiten Menschen sowohl soziodemographisch wie soziokulturell verändert. Die Sozialisationseffekte des während seines 50jährigen Bestehens von insgesamt rund 2,7 Millionen jungen Männern abgeleisteten Zivildienstes wurden in einem 2011 abgeschlossenen Forschungsprojekt untersucht.
2. Ziel des Forschungsprojektes:
Eine umfassende Evaluation ist Voraussetzung für eine zielgerichtete Weiterentwicklung von BFD und FSJ/FÖJ und die Optimierung der mit diesen verbundenen positiven Wirkungen. Zentrales Ziel ist es, empirisch darzulegen, in welchem Umfang und durch welche Prozesse einerseits die Allgemeinheit durch beispielsweise wachsende Engagementbereitschaft, andererseits einzelne Gruppierungen wie Verbände, Einrichtungen und insbesondere die Freiwilligen in BFD/FSJ/FÖJ selbst von ihrem Engagement profitieren (Motivation, Kompetenzerwerb, Persönlichkeitsentwicklung, Berufsorientierung etc.). Angesichts gesellschaftlicher Wandlungsprozesse (z.B. Individualisierung, Migration, wachsende Mobilität, demografischer Wandel), den sich verändernden Bedingungen des Auswachsens, der schulischen Bildung und des Übergangs in Ausbildung und Beruf stellen sich an BFD/FSJ/FÖJ neue Ansprüche im Hinblick auf Lern- und Bildungsprozesse. Die Bildungswirkungen sollen unter Berücksichtigung des EQR-Prozesses erhoben und analysiert werden. Eine umfassende Bestandsaufnahme der rechtlichen, institutionellen und individuellen Rahmenbedingungen in BFD und FSJ/FÖJ (insbesondere der pädagogische Begleitung und der Anerkennungsstrukturen) unter Herausarbeitung der Unterschiede in den Formaten ist erforderlich, um die Wirkung des BFDG und der Gesetzesnovelle des JFDG zu erfassen und darauf aufbauend Entwicklungschancen aufzuzeigen. Durch die Evaluation soll ein systematischer Überblick über die Zielgruppen und ihre Veränderungen erarbeitet werden (z.B. Alter, Geschlechtsverteilung sowie die bislang wenig erreichten Zielgruppen von Menschen mit Migrationshintergrund und aus bildungsfernen Schichten). Ein besonderes Augenmerk soll auf der neuen Zielgruppe der über 27jährigen Freiwilligen im BFD liegen (Motivation, Akzeptanz durch Einsatzstellen, Inanspruchnahme der Teilzeitangebote etc.).
3. Gegenstand und Gestaltung des Auftrages:
Ein Schwerpunkt der Untersuchung soll die quantitative Befragung von Freiwilligen, die den BFD oder ein FSJ/FÖJ im Inland ableisten, nach ihren (Lern-)Erfahrungen, Motiven und Problemen in einem Längsschnitt über einen Zeitraum von drei Jahren sein. Die erste Befragung soll im Herbst 2012 (möglichst im Rahmen der Seminare zu Beginn des Dienstes) erfolgen, gegen Ende des Dienstes wiederholt und ein bis anderthalb Jahre nach Dienstende mit einer Nachbefragung abgeschlossen werden. Eine Kontrollgruppenbefragung ist wünschenswert. Bezüglich der Einbindung der neuen Zielgruppe der Ü 27 im BFD, die an Seminaren in angemessenem Umfang teilnimmt, ist ein Konzept zu entwickeln und umzusetzen. Daneben soll eine quantitative Befragung von Einsatzstellen, Trägern und Zentralstellen unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Tätigkeitsfelder im gesamten Bundesgebiet erfolgen. Auch Langzeiteffekte freiwilligen Engagements sollen, z. B. über Fallstudien mit Freiwilligen aus den Anfangszeiten des FSJ/FÖJ oder Experteninterviews, ermittelt werden. Qualitative Ansätze sollen ergänzen, falls die quantitativen Erhebungen Anlass dazu geben. Bereits vorhandene Erkenntnisse und Studien aus dem Bereich des freiwilligen Engagements und des Kompetenzerwerbs durch Engagement sind aufzubereiten und einzubeziehen.
Der Evaluierungsprozess soll von einem ausgewiesenen wissenschaftlichen Institut oder einem entsprechenden Kooperationsverbund durchgeführt und von einem Beirat beratend begleitet werden. Neben der Durchführung der Evaluation sollen Handlungsempfehlungen erarbeitet werden. Workshops zur intensiven Einbindung von Fachleuten aus Praxis und Methodik sind ausdrücklich erwünscht. Die Bereitschaft zur regelmäßigen Präsentation in unterschiedlichen Gremien wird vorausgesetzt.
Im Dezember 2013 sollen Ergebnisse aus den ersten quantitativen Befragungen sowie aus der Ist-Analyse vorliegen, deren Inhalte Gegenstand einer ersten, zeitnah erfolgenden Fachtagung mit Präsentation und Diskurs zum Thema sein sollen. Ausgehend von den Ergebnissen dieser Tagung und des Berichtes ist das weitere Vorgehen nochmals zu überprüfen und zu präzisieren. Im Herbst 2015 sollen Ergebnisse und Handlungsempfehlungen in einem Abschlussbericht und auf einer Abschlusstagung vorgestellt werden.
Deadline
Die Frist für den Eingang der Angebote war 2012-03-23.
Die Ausschreibung wurde veröffentlicht am 2012-02-23.
Anbieter
Die folgenden Lieferanten werden in Vergabeentscheidungen oder anderen Beschaffungsunterlagen erwähnt:
Wer?
Wie?
Wo?
Geschichte der Beschaffung
Datum |
Dokument |
2012-02-23
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Auftragsbekanntmachung
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2012-03-07
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Ergänzende Angaben
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2012-06-27
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Bekanntmachung über vergebene Aufträge
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