Evaluierung der staatlichen Bildungszentren
1. Auftraggeber und Auftragsgegenstand
Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) beabsichtigt im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen, den Dienstleistungsauftrag für die Evaluierung von 17 staatlichen Bildungszentren unter inhaltlichen und finanziellen Fragestellungen zu vergeben. Die 17 Bildungszentren sind Organisationseinheiten des Bundesamtes für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben (BAFzA), welches als gesetzliche Aufgabe den Bundesfreiwilligendienst durchführt.
Die Gesamtevaluation umfasst folgende Leistungsmerkmale:
- Systematische Befragung der Nutzerinnen und Nutzer der Seminare
- Vergleichende Analyse mit anderen Bildungsangeboten durch Verbände und den Markt unter inhaltlichen und finanziellen Aspekten
- Erhebung, Bezifferung der notwendigen Bauinvestitionen, insbesondere für Renovierung und Modernisierung, an den Bildungszentren und Darstellung ihrer Finanzierung
- Mehrschichtige Auswertung der erhobenen Daten und Ergebnissicherung
Das Forschungsdesign der Evaluation ist ergebnisoffen zu gestalten. Sämtliche Varianten - die Schließung einzelner Bildungszentren, die Schließung aller Bildungszentren und die Beibehaltung aller Bildungszentren - sollen geprüft und bewertet werden.
Der Abschlussbericht ist dem Auftraggeber bis zum 30.09.2013 vorzulegen.
2. Gesetzliche Grundlagen und Rahmenbedingungen
Die Bundesregierung hat den Bundesfreiwilligendienst anlässlich der Aussetzung der Wehrpflicht und des Zivildienstes mit dem Ziel einer stärkeren Förderung des freiwilligen Engagements zum 01.07.2011 eingeführt und zugleich die Jugendfreiwilligendienste (FSJ, FÖJ, Internationaler Jugendfreiwilligendienst) ausgebaut.
Der Bundesfreiwilligendienst wird auf Grundlage des am 03.05.2011 in Kraft getretenen Bundesfreiwilligendienstgesetzes (BFDG) in bundeseigener Verwaltung ausgeführt. Seine Durchführung wurde dem Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben (BAFzA) übertragen (§ 14 Abs. 1 BFDG), das zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gehört.
Im Bundesfreiwilligendienst engagieren sich Frauen und Männer auf vielfältige Weise für das Allgemeinwohl, insbesondere im sozialen, ökologischen und kulturellen Bereich sowie im Bereich des Sports, der Integration und des Zivil- und Katastrophenschutzes. Als ein Angebot an Menschen jeden Alters fördert der Bundesfreiwilligendienst das lebenslange Lernen. Er wird in gemeinwohlorientierten Einrichtungen, die vom BAFzA als Einsatzstellen für den Bundesfreiwilligendienst anerkannt sein müssen, in der Regel für eine Dauer von zwölf Monaten geleistet.
Der Bundesfreiwilligendienst wird pädagogisch begleitet mit dem Ziel, soziale, ökologische, kulturelle und interkulturelle Kompetenzen zu vermitteln und das Verantwortungsbewusstsein für das Gemeinwohl zu stärken (§ 4 Abs. 1 BFDG).
Während des Bundesfreiwilligendienstes finden deshalb Seminare statt, für die grundsätzlich Teilnahmepflicht besteht. Bei einem zwölfmonatigen Bundesfreiwilligendienst sind mindestens 25 Seminartage vorgesehen.
Im Rahmen dieser Seminare nehmen die Bundesfreiwilligen an einem fünftägigen Seminar zur politischen Bildung teil (§ 4 Abs. 4 BFDG).
Die Teilnahme von Bundesfreiwilligen, die das 27. Lebensjahr vollendet haben, erfolgt in angemessenem Umfang (§ 4 Abs. 3 BFDG).
Die Seminare, insbesondere das Seminar zur politischen Bildung, können gemeinsam für Freiwillige des Bundesfreiwilligendienstes, der Jugendfreiwilligendienste oder des freiwilligen Wehrdienstes durchgeführt werden (§ 4 Abs. 5 BFDG).
Derzeit engagieren sich insgesamt 85.000 Freiwillige in Freiwilligendiensten, davon über 37.000 im Bundesfreiwilligendienst. Nach den bisherigen Erkenntnissen wird der Bedarf an Seminarwochen in den Bildungszentren für Seminare zur politischen Bildung auf 42.000 (Bundesfreiwillige nach § 4 Abs. 4 und Freiwillige nach § 4 Abs. 5 BFDG) sowie für sonstige auf 35.000 pro Jahr geschätzt.
In den 17 Bildungszentren des Bundes war die Bettenkapazität bis Ende 2011 auf 90.000
Seminarwochen für Zivildienstleistende ausgelegt. Dabei waren die Standards im Rahmen der grundgesetzlich gebotenen Gleichstellung beider Dienste an dem für Wehrpflichtige ausgerichtet. Durch Hebung der Standards (mehr Zweibettzimmer, geschlechterspezifische Unterkunfts- und Sanitärräume) wurde inzwischen die Kapazität auf 84.000 Seminarwochen bei 44 Betriebswochen jährlich reduziert.
Von Trägern und Einsatzstellen gebildete Zentralstellen sind mit der Planung und Durchführung der pädagogischen Begleitung beauftragt (§ 7 Abs. 1 und 4 BDFG). Sie tragen zudem Sorge für die ordnungsgemäße Durchführung des Bundesfreiwilligendienstes durch die ihnen angeschlossenen Träger und Einsatzstellen. Für Träger und Einsatzstellen, die keiner verbandlichen Zentralstelle angehören oder angehören wollen, wurde beim BAFzA eine eigene Zentralstelle eingerichtet. Bundesweit bestehen insgesamt 19 BFD-Zentralstellen.
Die pädagogische Begleitung für den Bundesfreiwilligendienst wird derzeit auch durch die 17 staatlichen Bildungszentren (ehemalige Zivildienstschulen) sichergestellt, die über das ganze Bundesgebiet verteilt sind. Drei dieser Bildungszentren sind in bundeseigenen Liegenschaften in der Verantwortlichkeit der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BIMA) untergebracht. 14 Bildungszentren sind angemietet. Die Bildungszentren halten für alle Bundesfreiwilligen Seminarangebote für das Seminar zur politischen Bildung vor. Ferner halten alle Bildungszentren (vorrangig für die Freiwilligen der Zentralstelle des BAFzA) Seminare für die sonstigen 20 Seminartage vor (Einstiegsseminare und Seminarmodule für Kompetenzseminare zur Weiterentwicklung persönlicher, sozialer, interkultureller sowie fachlicher Kompetenzen sowie Reflexionsseminare). Je nach Qualifikation der Dozentinnen und Dozenten und der Ausstattung vor Ort werden darüber hinaus an den einzelnen Bildungszentren Einsatz bezogene, fachspezifisch unterschiedliche Seminare angeboten.
3. Aufgaben und Ziele des Auftrags
Die Seminare an den 17 staatlichen Bildungszentren folgen gemäß § 4 Abs. 1 BFDG der Maßgabe, den Bundesfreiwilligen soziale, ökologische, kulturelle und interkulturelle Kompetenzen zu vermitteln und das Verantwortungsbewusstsein für das Gemeinwohl zu stärken.
Die Seminare zur politischen Bildung an den staatlichen Bildungszentren folgen dem Grundsatz der religiös-weltanschaulichen Neutralität. Gemäß § 4 Abs. 4 BFDG darf in diesem Seminar die Behandlung politischer Fragen nicht auf die Darstellung einer einseitigen Meinung beschränkt werden. Das Seminar zur politischen Bildung ist so zu gestalten, dass die Bundesfreiwilligen nicht zugunsten oder zuungunsten einer bestimmten politischen Richtung beeinflusst werden.
Aufgrund der skizzierten Rahmenbedingungen ist die Evaluierung der Seminararbeit als Teil der pädagogischen Begleitung zweigleisig auszurichten: Einerseits mit Blick auf die Seminare zur politischen Bildung und andererseits bezogen auf die anderen angebotenen Seminarmodule.
Hierbei bilden im Kontext der Didaktik und Methodik der Erwachsenenbildung („Lebenslanges Lernen“) ausgewiesene Qualitätsmerkmale, Qualitätsstandards auf der inhaltlichen Ebene, fachdidaktische Prinzipien und Methoden sowie Ausstattung, Unterbringung und Verpflegung zu berücksichtigende Kriterien. Bei jüngeren Teilnehmerinnen und Teilnehmern ist auch nach dem Beitrag der Seminare innerhalb des BFD zur persönlichen und beruflichen Orientierung zu fragen.
Zudem stellt sich die Frage, ob an den von der Zentralstelle des BAFzA wie auch der Mehrheit der anderen Zentralstellen favorisierten mehrtägigen Seminaren im Gruppenverband festgehalten werden soll oder auch reine Tagesseminare den gleichen pädagogischen Lerneffekt erzielen können. Ferner stellt sich die Frage, wie groß die Wahlmöglichkeiten der Teilnehmerinnen und Teilnehmer hinsichtlich der Seminare sind und ob die Wahlmöglichkeiten vergrößert werden sollen.
Die in den Rahmenbedingungen skizzierten mengenmäßigen Anforderungen an die Seminarorganisation bilden einen weiteren Ausgangspunkt der Analyse und Interpretation.
Die Evaluierung der Wirtschaftlichkeit der einzelnen Bildungszentren soll unter Berücksichtigung qualitativer Mindeststandards strukturelle Bedingungen und Veränderungsprozesse abbilden und mit dem Ziel der Qualitätsweiterentwicklung und Qualitätssicherung verknüpft werden.
Im Vergleich mit Bildungsangeboten anderer Anbieter sind all diese Aspekte mehrschichtig aufzunehmen.
4. Anforderungen an die Auftragnehmerin/den Auftragnehmer
Bieter/innen müssen ihre Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit nachweisen.
Die zu erbringenden Leistungen setzen in fachlicher, methodologischer und methodischer Hinsicht voraus:
- Nachweis von Erfahrung und Kompetenz in der quantitativen und qualitativen sozialwissenschaftlichen Forschung und Evaluation
- Kenntnisse und Erfahrungen in Wirtschaftlichkeitsbetrachtung / Kosten-Nutzen-Analysen
- Fähigkeit, Fragestellungen der Wirtschaftlichkeit auf der Inhaltsebene mit qualitativen Aspekten zu verknüpfen
- Einschlägige Erfahrungen mit ähnlich mehrschichtig angelegten Projekten, einschließlich Erfahrungen mit formativer und summativer Evaluation
- Expertise auf dem Gebiet der Qualitätsentwicklung und Qualitätssicherung im pädagogischen Handlungs- und Forschungsfeld
- Fundierte Kenntnisse über die Bildungslandschaft im Bereich der Erwachsenenbildung von Verbänden oder Organisationen und des Marktes, sowohl unter inhaltlichen als auch unter finanziellen Gesichtspunkten
Wünschenswert sind darüber hinaus fundierte Kenntnisse des aktuellen Forschungsstandes und des wissenschaftlichen Diskurses zur Fachdidaktik der politischen Bildung und der Erwachsenenbildung sowie anwendungserprobte Fach- und Methodenkompetenzen in Bezug auf die Ziele und Aufgabenfelder der Politischen Bildung.
Eine enge Kooperation und Abstimmung mit dem Auftraggeber (Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend) werden vorausgesetzt.
Die zu erbringenden Leistungen und eigenen Beiträge müssen inhaltlich und formal dem Standard wissenschaftlichen Arbeitens genügen.
Es muss bestätigt werden, dass die Bewerberin/der Bewerber über die nötigen Kapazitäten verfügt, um die Arbeiten unverzüglich nach Abschluss des Vergabeverfahrens zu beginnen.
Namen und berufliche Qualifikation der Personen, die im Falle einer Angebotsabgabe für den Auftrag zuständig sein werden, müssen benannt werden.
Die Bewerberin/der Bewerber hat Art und Umfang der Leistungen anzugeben, die er an Unterauftragnehmer/innen übertragen will.
Die vollständigen Teilnahmebedingungen sind unter Punkt III.2.1-III.2.3 und ergänzende Hinweise unter Punkt VI.3 zu finden.
Deadline
Die Frist für den Eingang der Angebote war 2013-01-17.
Die Ausschreibung wurde veröffentlicht am 2013-01-03.
Anbieter
Die folgenden Lieferanten werden in Vergabeentscheidungen oder anderen Beschaffungsunterlagen erwähnt:
Wer?
Wie?
Wo?
Geschichte der Beschaffung
Datum |
Dokument |
2013-01-03
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Auftragsbekanntmachung
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2013-03-22
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Bekanntmachung über vergebene Aufträge
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