Beschaffung u. Etablierung einer einheitlichen IT-Systemlösung zur automatisierten Bearbeitung von Beihilfen mit einer integrierten u. automatisierten Prüfung medizinischen Beleggutes nach Maßgabe d. gesetzlichen Gebühren-, Krankenhaus- und Beihilferechts

Land Rheinland-Pfalz, vertreten durch das Landesamt für Finanzen

Die Länder Hessen und Rheinland Pfalz beabsichtigen ihre Beihilfebearbeitung grundlegend zu modernisieren und schreiben deshalb im Rahmen eines wettbewerblichen Dialogs gemeinsam als Auftraggebergemeinschaft die Beschaffung einer IT-Systemlösung zur automatisierten Bearbeitung von Beihilfen und einer im Bearbeitungsverfahren integrierten automatisierten Prüfung medizinischen Belegguts (ärztliche und zahnärztliche Leistungen, Krankenhausleistungen und Verordnungen von Arzneimitteln) nach Maßgabe der gesetzlichen Gebühren-, Krankenhaus- und/oder Beihilferechts in den Abrechnungseinheiten GoÄ/GOP, GOZ und DRG einschließlich der dafür erforderlichen Wartungs- und Pflegeleistungen (Projekt BEIREFA) aus. Das rheinland-pfälzische Landesamt für Finanzen führt im Auftrag der Auftraggebergemeinschaft die Ausschreibung durch.
Die Notwendigkeit zur Neuerstellung eines Moduls zur Beihilfeabrechnung resultiert vor allem aus dem steigenden Volumen der eingehenden Beihilfeanträge und den wachsenden Anforderungen an die maschinelle Unterstützung der Beihilfeabrechnung. Ziel ist es, aus Effizienzgründen eine neue IT-Systemlösung zur Beihilfebearbeitung mittels identischer und zukunftsorientierter Technologie neu zu entwickeln und in den Ländern der Auftraggebergemeinschaft zu etablieren, um den gestiegenen und weiter steigenden Anforderungen der nächsten Jahre gewachsen zu sein. Die neue Systemlösung (im weiteren auch nur „IT-Systemlösung“) muss dabei gleichzeitig auch eine automatisierte Rechnungsprüfung von medizinischem Belleggut ermöglichen. Bereits jetzt schon bei den Auftraggebern bestehende regelbasierte Prüfsysteme/-softawarelösungen (beispielsweise für Abrechnungseinheit PZN) dienen als Grundlage und sollen in das neu zu entwickelnde Gesamtsystem/die IT-Systemlösung eingebunden werden.
Folgende wesentliche Leistungsparameter/funktionale Anforderungen/Ziele soll die neue IT-Systemlösung erfüllen und abdecken:
1. Optimierung und Automatisierung Ablauf der Bearbeitung:
Die IT-Systemlösung muss in der Lage sein, die relevanten beihilfefachlichen Daten aus dem bereits vorhandenen vorgeschalteten automatisierten Scan- und Datenerkennungssystem per XML-Struktur von der IT-Systemlösung zu übernehmen. Vor und während der Sachbearbeitung soll durch die IT-Systemlösung eine automatisierte Prüfung der extrahierten Daten der Vorgänge erfolgen. Dabei soll die beihilfefachliche Relevanz von Rezepten mit Pharmazentralnummern genauso überprüft werden, wie die Korrektheit der eingereichten Rechnungsbelege im Hinblick auf die Vorgaben der Gebührenordnung für Ärzte und Psychotherapeuten, Gebührenordnung für Zahnärzte und die landesspezifischen Beihilfeverordnungen. Weiterhin ist die Abrechnung von stationären Krankenhausleistungen vorgesehen. Für den Bearbeitungsablauf sollen die landesspezifischen Geschäftsregeln automatisch angewandt werden. Die Entwicklung und Programmierung von regelbasierten Prüfkatalogen/-regeln ist Bestandteil der Leistungspflicht des Auftragnehmers.
Neben der Prüfung von Belegdaten soll die IT-Systemlösung generell ermöglichen, dass aus allen Modulen heraus Belege an einen Dritten versandt und nach der Prüfung durch externe Experten das Ergebnis wieder in das System integrieren zu können.
Nach der automatisierten Vorprüfung sollen die nicht eindeutig zu treffenden Entscheidungen/Vorgänge extrahiert und dem zuständigen Sachbearbeiter zur Entscheidung vorgelegt bzw. zugestellt werden. Mit Zustellung des jeweiligen Vorgangs hat die IT-Systemlösung dem Sachbearbeiter durch gezielte, kontextabhängige Abfragen die mögliche Alternativen in der Festsetzung anzuzeigen (regelbasierte Prüfung des Beleggutes). Dabei muss es dem Bearbeiter u. a. auch möglich sein, sich bei Bedarf Erläuterungen, Begründungen oder Rechtsgrundlagen anzeigen zu lassen und beihilferechtlich zulässige Formulierungen für den späteren Bescheid als Textbaustein auszuwählen oder einzugeben. Während der Sachbearbeitung wird der jeweils relevante Beleg aus der bereits vorhandenen elektronischen Akte angezeigt. Die IT-Systemlösung muss gewährleisten, dass der Wechsel der Beleganzeige in Interaktion zwischen Bearbeitungsprogramm und dem Aktenführungs- und Aktenanzeigemodul (AFAM) stattfindet. Die elektronische Akte im AFAM ist in beiden Ländern vorhanden und bleibt Kernelement der Beleganzeige und Aktenführung. Im Anschluss hat die neue IT-Systemlösung den Bescheid zum Vorgang zu erzeugen und stellt ihn inkl. von Begründungstexten aus dem Entscheidungsprozess dem vorhandenen AFAM und dem jeweiligen Drucksystem der Länder zur Verfügung.
2. Weitere Leistungsanforderungen:
Die neue IT-Systemlösung muss ferner in der Lage sein, folgende wesentliche weitere Anforderungen umzusetzen:
— Die Bearbeitung von Widersprüchen und Schriftverkehr muss in ein flexibles (beim jeweiligen AG vorhandenes) Standardtextverarbeitungsprogramm integriert werden können.
— Mit der neuen Lösung müssen ca. 75 bis 100 verschiedenen Leistungsarten in ca. 25 bis 50 unterschiedlichen Berechnungsmasken abgerechnet werden.
— Die Lösung muss eine automatische kassenmäßige Abwicklung und Bereitstellung der Auszahlungsdaten beinhalten. Dabei sind u. a. die Vorschriften zur Rechnungslegung und Prüfung beim Einsatz von Informationstechnologie des IDW, des BmF sowie der Landeshaushaltsordnungen und des HGB etc. zu beachten.
— Ebenso ist ein Berichtswesen und ein Analysetool zu entwickeln und zu integrieren, welches auch die Möglichkeit einer weitergehenden Auswertung bietet.
Kernziele der Lösung sind eine verbesserte Benutzerführung, damit verbunden eine deutliche Steigerung der Ergonomie und Bearbeitungsgeschwindigkeit sowie eine Verbesserung der Wirtschaftlichkeit.
Deshalb soll es auch möglich sein, dem Bearbeiter nur relevante Informationen und Entscheidungen anzuzeigen. Gleichzeitig soll insgesamt eine Steigerung der Bearbeitungsqualität und damit verbunden eine Vereinheitlichung der Bearbeitungsentscheidungen erreicht werden.
— Personalaufwandsneutralität:
Da durch die Lösung kein neuer Personalbedarf bei den Auftraggebern entstehen soll und insbesondere zusätzliche Spezialisten oder sogar Programmierer für die Pflege und Erstellung von Regeln und spätere Betreuung des Systems nicht notwendig sein sollen, müssen alle fachlichen und organisatorischen Regeln daher mittels natürlich-sprachlicher Vorgaben erzeugbar, lesbar und anwendbar sein. Dafür verwenden beide Länder bereits die Regelengine Oracle Policy Automation (OPA), die auch bei der Entwicklung und Eingabe der Systemlösung zur Anwedung zu bringen ist und auch Grundlage der geplanten Lösung bleiben soll.
— Intergrationsfähigkeit:
Aus technischer Sicht muss sich die angebotene IT-Systemlösung vollständig in die bestehende Systemlandschaft der Auftraggeber ohne große Veränderung der übrigen bestehenden Komponenten integrieren.
— Ergonomische Anforderungen:
Moderne und ergonomische Benutzeroberflächen sind zu verwenden, da sie das beste Mittel sind, um eine hohe Nutzerakzeptanz einer neuen Lösung zu erzielen. Daher soll die Programmoberfläche sowohl bedienungsseitig hochflexibel als auch grafisch aufgeräumt sein. So müssen z. B. die Skalierung und Positionierung der Bearbeitungsfenster vom Sachbearbeiter angepasst werden können und diese Anpassungen müssen bei der nachfolgenden Bearbeitung und über das Programmende hinaus zur Verfügung stehen. Alle dargestellten Informationen sollen schnell erkannt und eindeutig identifiziert werden können. Moderne Symbole, Farbwechsel und klare Statusinformationen sollen dies gewährleisten.
— Zukunftsfähigkeit:
Ziel der Auftraggeber ist es eine IT-Systemlösung zu etablieren, die so flexibel aufgestellt ist, dass sie den Anforderungen der nächsten 15 Jahre im Hinblick auf Antragsvolumen, organisatorische Änderungen und Varianten im Prozessablauf und rechtliche Änderungen gewachsen sein wird.
3. Sonstige Rahmenbedingungen:
Die Gesamtleitung/-durchführung des Projektes obliegt dem Bieter. Dabei sind die spezifischen Vorgaben der Länder zur Durchführung von Projekten (z. B. Dokumentation, Vorgehensweise etc.) zu beachten.
Projektsprache ist Deutsch. Alle Dokumente sind in deutscher Sprache zu erstellen.
Die Anwendung wird in den Ländern getrennt gehostet. Sie muss in physisch getrennten Rechenzentren unabhängig betrieben werden. Derzeit werden in den Rechenzentren Windows-Betriebssysteme und Oracle-Datenbanken auf Windows und Linux eingesetzt.
Die Lösung muss -versionsunabhängig- auf Virtualisierungssystemen betreibbar sein.
Es ist beabsichtigt, dass die Auftraggeber ein umfassendes, ausschließliches, örtlich, inhaltlich und zeitlich unbeschränktes Nutzungsrecht an der Lösung (einschließlich ihrem Source Code) erhält. Das Nutzungsrecht beinhaltet insbesondere das Recht des Auftraggebers, die Lösung zu vervielfältigen, zu ändern, unterzulizenzieren, für eigene Zwecke und Zwecke Dritter zu nutzen und durch Dritte für Zwecke des Auftraggebers nutzen zu lassen (Outsourcing). Die gleichen Rechte werden dem Auftraggeber an der Dokumentation zur Lösung und an allen im Rahmen der Wartung und Pflege gelieferten Änderungen und Weiterentwicklungen eingeräumt.
Die Entwicklung der Komponenten für die elektronische Aktenführung sowie die Integration von Datenerkennung und Regelwerk sind in den vergangenen Jahren auf Basis des .Net-Frameworks entstanden. Diese Technologie muss daher neben OPA Grundlage der Neuentwicklung sein.
Der Datentransport zwischen den einzelnen Modulen muss mittels XML-Struktur realisiert werden, hierzu sind vorgegebene XSD's zu verwenden.
Der Auftragnehmer hat die vollständige Verantwortung für die Entwicklung und Implementierung der Lösung (Roll out) in den Referenzsystemen der AG einschließlich der üblichen Projektphasen (Spezifikation, Entwicklung, Tests, ggfls. Pilot, Implementierung in die Systemlandschaft des Auftraggebers, Produktivsetzung, Unterstützung der Auftraggeber bei der Abnahme). Der Auftraggeber wirkt in dem Projekt im in den Vergabeunterlagen definierten Umfang mit.
4. Wartungs-, Pflege- und sonstige Unterstützungsleistungen:
— Nach Abschluss der Projektphase soll Wartung und Pflege der Softwarelösung über einen Zeitraum von 48 Monaten geleistet werden;
— Schulungen der techn. Administratoren, fachl. Administratoren, Regeladministratoren zur eigenständigen Anwendung der Software sowie der Multiplikatoren (Train the Trainer – Schulung) sind durch den Auftragnehmer vorzusehen.
Näheres siehe Vergabeunterlagen.

Deadline
Die Frist für den Eingang der Angebote war 2016-01-06. Die Ausschreibung wurde veröffentlicht am 2015-12-04.

Wer?

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Wo?

Geschichte der Beschaffung
Datum Dokument
2015-12-04 Auftragsbekanntmachung